Mindset Tauchen

Kreativ auf Kommando – aber klar doch…

„Sei doch einfach mal kreativ und mach mir bis heute Abend einen Lösungsvorschlag!“ So oder so ähnlich haben wir es alle schon mal um die Ohren gehauen bekommen. Vorzugsweise gerade dann, wenn der Druck besonders hoch und der Vorgesetzte völlig ideenlos ist. Doch auf Knopfdruck kreativ sein, das schaffen die wenigsten. Unter Stress entwickelt man einfach keine kreativen Ideen.

Und was verstehen wir unter Kreativität überhaupt? Laut Wikipedia-Eintrag ist es „die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, was neu oder originell und dabei nützlich oder brauchbar ist.“ Damit ist also keinesfalls nur die Kunst gemeint, wie fälschlicherweise oft angenommen wird. Auch zur Lösung von Problemen ist häufig eine kreative Herangehensweise gefragt, ebenso um neue Ideen zu entwickeln.

Daher beschränkt sich die Kreativität auch nicht auf bestimmte Berufsfelder, sondern kann uns überall im Alltag begegnen. Ebenso bedeutet es nicht, dass jemand nicht kreativ sei, bloß weil er oder sie nicht gerne oder gut malt oder sonst wie gestalterisch tätig ist. Vor allem Vorurteile und Unwissenheit prägen unser Bild von kreativen Berufen. Wie oft habe ich schon gehört „Ich mach was mit Medien“, wenn ich nach den beruflichen Zielen von Anfang Zwanzigern gefragt habe. Dabei sind auch so viele andere Tätigkeiten extrem kreativ. Beispielsweise erschaffen Software- und Hardwareentwickler etwas Neues das, zumindest in den meisten Fällen, nützlich ist. Also kreativ per Definition!

Ohne die richtige Grundlage – Wissen – auch keine Kreativität

Doch was heißt das überhaupt, kreativ zu sein und was brauchen wir dafür? Damit die Kreativität überhaupt entstehen kann, sind ganz bestimmte Voraussetzungen wichtig, sozusagen die Rahmenbedingungen für den kreativen Prozess.

  • Erlerntes Wissen/Erfahrung

Um eine Aufgabe lösen zu können, müssen wir zuerst einmal die Herausforderung identifizieren und verstehen. Zu den neuen Informationen kommen unsere bisherige Erfahrung und unser angesammeltes Können hinzu. Mit dieser Grundlage hat unser Gehirn die nötige große Auswahl, neue Verbindungen zu erstellen und damit neue Ideen zu generieren. Wir nutzen, was wir bereits wissen und formen es zu neuen Konzepten und Herangehensweisen um.

  • Zeit

Ein zweiter enorm wichtiger Aspekt ist die Zeit. Wer ständig am Limit ist, hat kaum geistige Kapazitäten, um neue Innovationen zu generieren. Fantasie braucht ihren Raum und lässt sich nicht mal eben zwischen zwei Meetings oder in eine ToDo-Liste quetschen.

  • Motivation

Wer intrinsisch motiviert ist, sprüht oft vor originellen Eingebungen. Wenn wir für ein Thema brennen und mit viel Herzblut und Leidenschaft an eine Sache herangehen, sprudelt der Ideenreichtum oft schon ganz von selbst. Interessiert man sich aber so gar nicht für die Materie oder ist man mit dem Kopf woanders, werden wohl kaum neue Lösungen entstehen.

  • Einen sicherer, wertfreier Raum, in dem wir uns entfalten können.

Fühlen wir uns unwohl und empfinden unser Umfeld als belastend, beschäftig sich unser Gehirn eher mit Sorgen und Nöten. Vielleicht hat man Angst, mit einer unkonventionellen Idee anzuecken oder sich zu blamieren. Das kann sozialer Druck durch die Familie oder ein nicht funktionierendes Team bei der Arbeit sein oder ein viel zu eng gesteckter Rahmen für mögliche Lösungswege. Manchmal muss man einfach völlig wertfrei „rumspinnen“ bis der entscheidende Geistesblitz kommt.

Aber auch man selbst setzt sich oft viel zu oft den eigenen strengen und viel zu selbstkritischen Bewertungen aus. Womöglich redet man sich sogar ein, nicht kreativ zu sein. Solche mentalen Blockaden und gedankliche Voreingenommenheit ersticken jeglichen kreativen Gedanken schon im Keim.

Und wenn ich der Meinung bin, ich sei so gar nicht kreativ veranlagt?

Es gibt zahlreiche Methoden, um die Kreativität zu fördern und zu trainieren. Dabei sollten wir jedoch immer im Kopf behalten, dass man sie nicht mit irgendwelchen Kreativitätstechniken erzwingen und kontrollieren kann. Man muss vielmehr all das beseitigen, was die Kreativität hemmt. Oft sind es die naheliegenden Dinge, die wir meist sogar selbst in der Hand haben.

  • Perfektionismus bekommt eine Auszeit verordnet

Wir müssen uns erlauben, Fehler zu machen. Neugierig sein, etwas ausprobieren, erfinderisch sein und sich auf Risiken einlassen. Wenn etwa nicht funktioniert, probieren wir halt einen anderen Weg.

  • Zensur ist verboten

Beim klassischen Brainstorming, werden alle Ideen erst einmal völlig wertfrei gesammelt. Im ersten Schritt gibt es keine schlechten Ideen. Es gilt Quantität vor Qualität, aussortiert wird erst am Ende. Denn umso mehr kreativen Output wir produzieren, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns von der Fixierung auf bekannte Lösungswege lösen und eine wirklich gute Idee dabei ist. Der Ausschuss fördert dabei den kreativen Prozess, weil er uns wieder auf neue Pfade bring.

Eine Idee ist schnell kaputt argumentiert aber es ist schwer, neue Ideen zu finden. Der innere Kritiker hat also Sendepause! Es geht vielmehr darum, bewusst die eigenen (Gedanken-)Grenzen zu überschreiten und Barrieren und Zwänge hinter sich zu lassen.

  • Gedanken frei lassen

Kreative Langeweile, die Gedanken schweifen lassen, nachdenken, mal was ganz anderes machen.  Die besten Ideen kommen nicht umsonst unter der Dusche, da ist man mit was anderem beschäftig und der Kopf arbeitet auf Autopilot im Hintergrund weiter. Soll aber jetzt nicht heißen, dass ihr den ganzen Tag unter der Dusche verbringen sollt. 😉

Alternativ kann man auch einfach mal eine leere Wand anschauen, um den Augen (und dem Hirn) eine Pause von der ständigen digitalen Berieselung zu geben. Informationen und Reize müssen vom Hirn verarbeitet werden, neue Verbindungen geknüpft und Assoziationen geschaffen werden. Dafür braucht es Ruhe und Freiraum (oder ganz minimalistisch – freien Raum). Manchen hilft es, mal ganz bewusst, die Raufasertapete auswendig zu lernen oder Figuren in Wolken und Strukturen zu suchen.

Auf dem Beitragsbild ist übrigens keine verschimmelte Raufasertapete sondern ein Ausschnitt eines alten Schiffwracks zu sehen, das wunderschön mit Korallen überzogen ist. Ich schalte beim Tauchen völlig ab und bekomme den Kopf wieder frei. Danach sind die Akkus für neue Ideen aufgeladen.

  • Neuer Input, Tapetenwechsel, ausgetretene Pfade verlassen

Einen anderen Weg nehmen, etwas Neues ausprobieren, Gewohnheiten loslassen, eine fremde Perspektive einnehmen – alles, was neue Verbindungen im Hirn knüpft, hilft auch unserem Kreativitätsprozess. Man kann Routinen im Alltag einfach mal durchbrechen, indem man einen unbekannten Weg zur Arbeit austestet oder in einem anderen Supermarkt einkaufen geht. Inspiration und frische Eindrücke finden wir in der Natur, bei Ausstellungen, beim Sport oder beim Austausch mit anderen Menschen.

Wichtige Voraussetzungen sind Neugier und ein offener Blick auf die Welt. Wer unvoreingenommen beobachtet, statt vorschnell zu urteilen, dem fällt es leichter, seine Fantasie zu trainieren.

  • Platz schaffen für neue Lösungen

Wer sich eine Verbesserung wünscht, muss offen für Veränderung sein. Denn wenn sich nichts ändert, wird es auch nicht besser. Aussagen wie „Das haben wir schon immer so gemacht.“ sind ein guter Hinweis darauf, dass es an der Zeit ist, etwas kritisch zu hinterfragen. Statt an Altbekanntem festzuhalten, kann man das vertraute Terrain verlassen und sich auf neue Ansätze einlasse. Dafür kann man nach dem Prinzip Streichen und Ersetzen vorgehen. Wie in der Natur etwas Neues wachsen kann, wo zuvor etwas zurückgeschnitten wurde, soll durch das Steichen einer alten Vorgehensmethode der nötige Freiraum für Veränderung geschaffen werden.

Wo bleibt die zündende Idee?

Manchmal muss man sich auch eingestehen und vor allem erlauben, dass Kreativität gerade keine Priorität hat. Wer sich zwischen Beruf, Haushalt und Familie aufreibt, der sollte sich vom Druck befreien, jetzt auch noch kreative Ideen produzieren zu müssen. Fühlt man sich erschöpft und ausgelaugt, darf man auch ohne schlechtes Gewissen einfach völlig unkreativ vorm Fernseher einschlafen. Manchmal ist die Luft raus, gerade kurz vorm Urlaub oder zum Jahresende hin. Da hilft nur akzeptieren, dass jetzt eben eine unkreative Phase im Leben stattfindet. Wenn wir uns auf darauf einlassen, überrascht uns die Kreativität womöglich ganz unerwartet.

2 thoughts on “Kreativ auf Kommando – aber klar doch…

  1. Kreativ sein geht nicht auf Knopfdruck, da stimme ich voll und ganz zu. Man braucht dafür Freiraum und vor allem Zeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. In der beruflichen Welt kann ein wenig Druck aber manchmal auch helfen, um der Lösung für ein Problem etwas näher zu kommen – denn hier muss man nicht unbedingt etwas „neues“ schaffen, sondern manchmal nur aus einer anderen Perspektive auf die Dinge sehen.

    Liebe Grüße,
    Hanna

    1. Ja, der Perspektivenwechsel kann in der Tat wirklich hilfreich sein. Als Software-Entwickler erklären wir auch gerne Kollegen unser Problem um genau dann selbst auf die Lösung zu kommen😄. Manchmal braucht es wohl nur einen Zuhörer, um das eigene Thema aus einer neuen Perspektive zu betrachten.

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