Mehr Fokus durch Minimalismus
Wer wie ich ständig neue Ideen hat und Informationen verschlingt wie Schokoladenkekse, hat natürlich eine riesige Wunschliste.
Früher kam ich regelmäßig schwer bepackt aus der Bücherei. Heute ist das Internet mein liebster Informations-Kosmos. Neben immer neuen Inspirationen findet man hier alles Wichtige und Unwichtige zu allen erdenklichen Themen.
Ich weiß gar nicht mehr, wie ich über das Thema Minimalismus gestolpert bin. Aber die vielen Blogs von inspirierenden Menschen habe ich geradezu aufgesaugt. Ich habe schon eine ganze Zeit einen Haufen Ballast in meinem Haushalt hin und her geräumt. Vieles davon Dinge, die sozusagen leihweise bei uns untergestellt waren.
Als wir vor einigen Jahren die Möglichkeit hatten, diese ganzen Sachen loszuwerden, habe ich mit jedem Teil, das unseren Haushalt verlassen hat, den neuen Raum zum Atmen genossen. Plötzlich hatten wir so viel Platz und ich habe mich mehr mit dieser Thematik befasst. Plötzlich hatte das Kind einen Namen.
Ich war schon immer ein ordentlicher Mensch und übersichtliche, klare Räume empfinde ich als entspannend. Ohne irgendeine bestimmte Methode dahinter habe ich allem, was nicht mir gehörte und alles was ich nicht mehr brauchte Hausverbot erteilt. Die meisten Sachen konnten in dankbare Hände übergeben werden aber auch vor der Mülltonne darf man nicht zurückschrecken.
Ich bin am Ende sogar soweit gegangen, dass ich meine Fotoalben entsorgt habe. Für manche mag das ein krasser Schritt sein. Ich wollte sie nicht mehr und vermisse sie nicht. Natürlich muss jeder selber entscheiden, was für ihn wichtig ist und an welchen Dingen das Herz hängt. Auch ich habe ein paar Dinge um die ich wirklich traurig wäre, würden sie irgendwann kaputt gehen. Allerdings habe ich irgendwann eine gewisse Gleichgültigkeit den Dingen gegenüber entwickelt. Es ist fast alles ersetzbar und nichts ist so wertvoll wie die Menschen, die uns wichtig sind.
Wenn ich beispielsweise auf Reisen einen Koffer verlieren würde, wäre das (auch finanziell) ärgerlich. Aber es ist definitiv kein Weltuntergang, das Leben geht weiter. Klar ist dann womöglich die Lieblingsjeans weg. Aber im Grunde geht es uns doch wirklich gut. Vor allem, wenn wir uns über so etwas Gedanken machen können.
Was mir am Minimalismus gefällt, sind der Nachhaltigkeitsaspekt, die finanziellen Vorteile und die Erleichterung beim Putzen und Ordnung halten.
Wer weniger und bewusster konsumiert, schont die Umwelt. Ein vollgestopfter Kleiderschrank der nur mit günstigen Fast Fashion Teilen vollgestopft ist, verursacht nur Stress. Viel entspannter ist es, weniger im Schrank zu haben. Dafür nur Lieblingsteile, in denen man sich immer wohl fühlt. Und auf einen Blick sehen zu können, was alles da ist (oder eben nicht, weil mal wieder in der Wäsche). Bei mir darf nur einziehen, was mir wirklich gefällt. Ein „ist ganz nett“ reicht nicht, dann kaufe ich lieber nichts. Und solange man nicht nackt rumlaufen muss, „braucht“ man auch nichts so dringend, dass man da Kompromisse machen sollte.
„Brauche ich das wirklich?“ ist sowieso die wichtigste Frage überhaupt. In 95% der Fälle kann sie mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Wer das konsequent durchzieht, merkt bald auch wie viel Geld man plötzlich spart. Wir sind es gewohnt, alle unsere Wünsche mit nur einem Klick zu befriedigen. Einfach kurz in den Warenkorb gelegt und schon vergessen. Manch einer weiß gar nicht mehr, was in all den Päckchen drin ist, die da regelmäßig eintrudeln.
Und wenn die Schränke und Regale plötzlich nicht mehr mit unzähligen Dingen vollgestopft sind, hat man plötzlich viel mehr Zeit. Man muss nicht mehr ständig etwas suchen. Alle Dinge sind in Verwendung und haben ihren festen Platz, an den sie nach Gebrauch wieder schnell zurückwandern. Und man muss nicht den ganzen Schrank ausräumen, auf der Suche nach dem passenden Deckel für die Plastikdose. Wenn man nicht vorher noch für tausend Dinge einen Platz zum Wegräumen suchen muss, ist auch schnell geputzt. Ein großer Pluspunkt, denn der Hausputz zählt definitiv nicht zu meinen Lieblingshobbies.
Und da das Ausmisten für die meisten von uns immerwährender Prozess ist, der zwar am Anfang oft lawinenartig später aber nur noch tröpfchenweise von statten geht, stellt man sich am besten eine große Kiste an eine exponierte Stelle. Alles was weg soll, aber zu schade für die Mülltonne ist, kann dort vorübergehend einziehen. Natürlich sollten die Sachen dann bei Gelegenheit auch weggebracht werden. Mitbewohner, die dann alles wieder ausräumen, weil „kann man ja vielleicht noch brauchen“ sind da wenig hilfreich, das verstehe ich. In dem Fall muss man für sich wohl eine andere Methode wählen. Andererseits hat man vielleicht auch Glück und der Partner lässt sich davon mitziehen. Das braucht aber Zeit und Geduld. Und ganz wichtig – Finger weg von fremden Eigentum! Jeder hat sein eigenes Tempo und muss selbst entscheiden, wann das Abi-Shirt weg darf.
Lasst euch daher auch nicht von anderen vorschreiben, was zu viel ist und wie schnell und radikal man ausmisten sollte. Und ob ihr überhaupt ausmisten wollt. Denn nicht jeder Haushalt ist zwangsläufig mit Nutzlosem überfüllt. Jeder darf sich die Rosinen aus den neusten (und längst wieder alten) Trends herauspicken. Das ist das schöne am Leben, wir dürfen selbst entscheiden, was uns gut tut.