Seelenanker – Dinge, die ich niemals ausmiste
Immer wieder ließt man von Menschen, die sich rigoros von allen nicht notwendigen Dingen getrennt haben und deren gesamter physischer Besitz in einem kleinen Auto oder noch extremer in einem Rucksack Platz findet. Doch auch, wer weniger radikal vorgeht und einfach nur versucht, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, stellt sich oft die bekannte Frage: „Brauche ich das wirklich?“.
Mal abgesehen davon, dass jeder für sich selbst herausfinden muss, wie er leben möchte und was es dafür braucht, gibt es keine Regel oder Gesetze, die vorgeben, was ein selbsternannter Minimalist besitzen darf. Und sogar eine ziemlich bekannte Aufräumexpertin definiert als leicht esoterisch angehauchtes Ausmistkriterium „Does it spark joy“.
Und so finden sich in jedem Haushalt auch eine ganze Menge Dinge, die Außenstehende wohl als völlig überflüssig einordnen würden. Für ihre Besitzer hingegen sind genau diese Gegenstände alles andere als nutzlos. Sie haben beispielsweise einen emotionalen Wert oder es macht einfach nur Spaß, sie anzusehen. Warum auch sonst sollte man sich Bilder an die Wand hängen? Was der eine als minimalistisch und klar empfindet, mag für den anderen hingegen kalt und ungemütlich wirken. Ein anderer wir das ganze womöglich als überladen und völlig zugestellt bezeichnen. Die Menschen sind nun mal verschieden und haben unterschiedliche Ansichten. Und das ist auch gut so, alles andere wäre sterbenslangweilig. Jeder sollte sich mit dem umgeben, womit er sich wohl fühlt. Und auch, wenn wir uns keinesfalls über die Dinge, die wir besitzen, definieren sollten, so gibt es doch einiges, das für uns eben ein Gefühl von „zu Hause“ ausmacht.
Mein Partner hat all die kleinen Dinge, die völlig funktionslos in unserem Haushalt bleiben dürfen, sehr treffend als „Seelenanker“ bezeichnet. Oft nimmt er sie gar nicht groß wahr aber wenn sein Blick dann mal darüber schweift, machen sie ihm eine Freude. Dazu gehören erstaunlicherweise viele Dinge, die aus meinen DIY-Experimenten entstanden sind. Aber eben auch ein paar Kleinigkeiten mit emotionalem Wert.
Was völlig ohne Mehrwert unsere Wohnung verschönert:
Die grünen Tupfer – Ableger, die meine erneuten Gehversuche (wir hatten lange keine pflanzlichen Mitbewohner) bezüglich Zimmerpflanzen überlebt haben und nun in selbst gegossenen Betonblumentöpfen die Wohnung verschönern. Ich hätte nie gedacht, dass der Herr im Haus diese überhaupt wahrnimmt geschweige denn etwas damit anfangen kann. Ebenso zwei Ableger in alten Tassen, die auf dem Fensterbrett gerade mehr im Weg rumstehen und später mal in den Garten umziehen sollen.
Schrulle – Ein aus Stoffresten genähtes Kissen in Form eines Teufelchens, ähnlich experimentell und ebenso verschoben wie Frankensteins Monster, lauert zwischen den übrigen Sofakissen. Wegen ihrer spitzen Hörner hat sie den Spitznahmen „Pommesgabel“ bekommen.
Lesezeichen – Eigentlich in einer „Notsituation“ spontan entstanden und zum Spaß laminiert wurden, begleiten uns unsere Lesezeichen nun schon seit vielen Jahren. Sie sind nicht schön aber eigen und haben ganz nebenbei sogar eine sinnvolle Funktion.
Was niemals nicht ausziehen darf: Der Bär (das war das erste Weihnachtsgeschenk) und der Frosch. Super kitschig aber eben auch super knuddelig. Wenn ich unterwegs bin, dient der Teddy dem zu Hause gebliebenem als wärmendes Kopfkissen.
So ein Seelenanker ist also etwas, bei dessen Anblick wir einen (kleinen) Moment der Freude erleben. Der Gegenstand muss dabei nicht ständig präsent sein, es reicht völlig, wenn dieses positive Gefühl einfach hin und wieder vorbeischaut. Und damit es auch schon ganz, dass es sich hier gar nicht mehr um überflüssige oder gar nutzlose Dinge handelt, denn sie nutzen uns ja, indem sie ein Glücksgefühl (und sei es noch so klein) auslösen. Nichts von den aufgezählten Dingen brauchen wir wirklich und schon gar nicht sind sie lebensnotwendig. Aber ich muss eben auch nicht um jeden Preis ausmisten und zwanghaft alles entsorgen, was keinen funktionalen Zweck hat. Denn das Ganze ist kein Wettbewerb und ich gewinne keinen Blumentopf für die spartanischste Einrichtung. Und wenn Schatzi glücklich ist, weil ein alter Teddy in der Ecke hockt, bin ich es auch.