Was stimmt mit manchen Menschen nicht?
Manche Unterhaltungen lassen einen sprachlos zurück. So geschehen vor einigen Jahren, als auf einer Feier eine Person erzählte, dass sie im Urlaub niemals Strandtücher mitnehmen würde. Die würden doch viel zu viel Platz im Koffer beanspruchen und in den Touristenregionen bekäme man die in Form billiger Souvenirs eh hinterhergeworfen. Also kauft sie die in jedem Urlaub neu und entsorgt sie noch am Urlaubsort am Ende wieder. Leider bin ich weder schlagfertig noch gemein, sonst hätte ich ihre Hirnleistung vor versammelter Gästeschar in Frage gestellt. Und natürlich will man dem Geburtstagskind auch nicht die Feier verderben.
Das Bewusstsein für den eigenen Müllberg scheint bei manchen extrem verkümmert zu sein. So auch bei einem ehemaligen Kollegen, der meinte, er werfe über die Hälfte seiner Lebensmitteleinkäufe am Ende weg. Für mich unvorstellbar – Essen wirft man doch nicht weg. Man kauft einfach nur so viel, wie man auch verbraucht (ich schreibe bewusst nicht „benötigt“, überleben könnten wir mit weit weniger).
Nun lese ich einen Artikel, in dem Pächter von Berghütten darüber klagen, dass einige Gäste ihren Müll dort abladen. Klingt komisch, aber dazu muss man sich nur mal vor Augen halten, an welche Infrastruktur so eine Hütte mitten im Nirgendwo angeschlossen ist. In der Regel nämlich an gar keine. Wasser muss mühsam hinaufgeschafft werden, ebenso Lebensmittel. Auch Energie aus Strom, Gas und/oder Brennholz sind keine Selbstverständlichkeit. Und schon gar nicht fährt die Müllabfuhr da vorbei – eigentlich keine Überraschung. Und trotzdem scheinen einige uneinsichtige Gäste nicht in der Lage zu sein, ihren eigenen Müll wieder mitzunehmen und ignorieren entsprechende Hinweisschilder nachdrücklich. Jedes Gramm weniger im Wanderrucksack zählt, da ist kein Platz für Rücksicht und Respekt. Wenn nur das eigene Ego so wenig wiegen würde wie der inhaltsoptimierte Rucksack.
Da fragt man sich als Außenstehende unweigerlich, wie denn in der Vorstellung der Leute der ganze Müll wieder vom Berg runterkommen soll, den sie da hoch geschleppt haben. Vom Mount Everest sind ähnliche Bilder bekannt. Längst ist der Aufstieg auf den bekannten Berg zu einer Freizeitbeschäftigung für betuchte Möchtegern-Bergsteiger geworden. Menschen im Besitz eines voll funktionstüchtigen Gehirnes gehen davon aus, dass nur ein völlig verblödeter Idiot auf die Idee käme, da untrainiert hochzuspazieren. Doch das ist längst nur noch eine Frage des vorhandenen Geldes in Kombination mit schambefreitem Selbstdarstellungsdrang. Man trägt sein Gepäck doch nicht selbst und wenn wir schon dabei sind, erst recht nicht den benötigten Sauerstoff – die dünne Luft da oben ist nämlich nichts für passionierte Gipfeltouristen. Den Sherpas gönnt man die Einnahmequelle, aber was da an Hinterlassenschaften am Ende in der Natur verbleibt, ist erschreckend.
Am anderen Ende der Welt bzw. einige viele Höhenmeter weniger – also etwas auf Niveau des Meeresspiegels – sieht es nicht besser aus. Eine einsame tropische Insel zeichnet sich in der Regel nicht ausgerechnet durch eine zweiwöchentliche Müllabfuhr aus – von Mülltrennung ganz zu schweigen. Auf den Malediven hat man eine ganze Insel geopfert, damit in den Touristenressorts der Schein vom Tropenparadies aufrechterhalten werden kann. Wer sich den Luxus einer solchen Reise leisten kann, sollte doch auch in der Lage sein, seinen eigenen Müll am Ende einfach wieder mit heimzunehmen. Dazu gehört die leere Zahnpastatube ebenso, wie das Strandtuch. Ob ich mir die Malediven leisten kann, scheitert sicher nicht am Freigepäck und mal abgesehen davon braucht man da auch keine zwei Schrankkoffer voller Kleidung.
Aber vielleicht hilft ein Blick aus dem Fenster des Flugzeuges auf die qualmende Müllinsel, um das eigene Bewusstsein nochmal zu schärfen. Ich bewundere Menschen, die es schaffen, so gut wie gar keinen Müll zu produzieren. So ganz glaubwürdig finde ich es ja nicht – die Lieferung im Unverpacktladen war auch mal verpackt und auch Waren im Restaurant kamen da bestimmt nicht nackig an. Trotzdem kann man sich das als Vorbild nehmen und unnötigen Müll vermeiden, wo es nur geht. Vielleicht sollte ich beim nächsten Zahnarztbesuch auch gleich mal meine eigene Tasse mitbringen, um den Plastikbecher zum Spülen einzusparen – alleine schon, um das ungläubige Gesicht der Zahnärztin zu sehen. Ganz so konsequent bin ich allerdings nicht und auf notwendige Medikamente zu verzichten, bloß weil diese in einer Blisterverpackung daherkommen, oder den einst sterilen Wundverband zur Wiederverwendung in die Waschmaschine zu stecken, wäre schon echt extrem.
Was sich an Müll nicht vermeiden lässt, sollte aber zumindest nicht in der freien Natur enden. Und von einer Müllinsel ist der Weg ins Meer leider nicht weit. Selbst an die tiefste Stelle des Ozeans ist unser Abfall schon vorgedrungen. Der Großteil des Mülls im Meer wurde sicher nicht von achtlosen Strandtouristen direkt ins Meer geworfen. Allerdings gelangt der Müll eben auch durch Wind oder Regen auf verschiedensten Wegen am Ende oft ins Meer. Wer also der Meinung ist, auf einem Autobahnrastplatz trotz fehlender Mülleimer seine Hinterlassenschaften in der Umwelt liegen lassen zu müssen – frei nach dem Motto „irgendwer wird es schon wegräumen und DIE könnten ja auch Mülleimer aufstellen“ – ist mitverantwortlich an der immer größer werdenden Verschmutzung der Weltmeere.
Die Verantwortung für den eigenen Müll endet für viele mit dem Moment der Entsorgung und ganz nach dem Motto „nach mir die Sinnflut“. Hauptsache, man selbst ist das Zeug los. Was danach damit geschieht, ist so manchem leider egal. Das geht von der illegal im Wald entsorgten Küchenzeile (haben wir tatsächlich schon „gefunden“) bis zur alltäglich weggeschnippten Kippe. Das machen doch alle so, dann muss es ja in Ordnung sein. Nein, ist es nicht.
Eine sehr gute Freundin hat sich da schon einen bösen Rüffel eingefangen – zum Glück verstehen wir uns gut und sie ist so kritikfähig wie einsichtig. Meine Reaktion, als sie ihre Kippe im Gully entsorgt hat, kam wenig feinfühlig direkt aus dem Rückenmark. Von meinem Mann (leider Raucher) bin ich es gewohnt, dass er am Ende vorsichtig die Asche aus dem Filter dreht und diesen dann einsteckt. Niemals würde er seine ausgerauchten Zigaretten einfach auf den Boden werfen. Seinem Bruder hingegen hat er das leider noch nicht abgewöhnen können. Wie schädlich das für die Umwelt ist, darüber gehen die Informationen weit auseinander. Dass es schädlich ist, darüber braucht man aber sicher nicht diskutieren.
„Eine einzige Zigarette kann einer Studie zufolge 1000 Liter Wasser verunreinigen.“
Trinkwasser vergiftet: So stark belasten Zigaretten die Umwelt – ntv.de
„So kann eine einzige Kippe mit ihrem Mix aus Toxinen zwischen 40 und 60 Liter sauberes Grundwasser verunreinigen“
Zigarettenstummel in der Umwelt – Naturschutzbund Österreich
Jeder einzelne Liter ist unnötig – egal, ob es nun 40 oder 1000 sind. Und auch, wenn manch einer das als Bagatelle abtun wird, gilt es hierzulande mindestens als Ordnungswidrigkeit. Leider werden die Verursacher in den seltensten Fällen zur Rechenschaft gezogen, sonst würde der eine oder andere angesichts teils saftiger Bußgelder sicher seine Lehren daraus ziehen. Da wünscht man sich als ‚braver Bürger‘ teils schon ein härteres Durchgreifen, wie es teils in anderen Ländern die Regel ist.
Bleibt zu hoffen, dass mancherorts die Erkenntnis, dass eine vermüllte Landschaft nicht nur unschön, sondern auch wirtschaftsschädlich ist, in die Köpfe durchsickert. Mein einstmals anvisiertes Wunschziel Bali ist längst von der Liste der Traumziele geflogen. Denn meinen Urlaub möchte ich nicht an einem völlig vermüllten Strand verbringen und schon gar nicht will ich in einer Müllkippe tauchen. Wenn die Touristen ausbleiben, ändert sich vielleicht etwas. Allerdings ist es auch an uns allen, wenn wir als Touristen unterwegs sind, dass wir unsere Spuren so minimal wie möglich halten und vor allem den nicht vermeidbaren Müll im Zweifel eben wieder mit nach Hause nehmen. Hier mag das Abfallsystem vielleicht nicht perfekt sein, aber es ist unser Müll und dafür sollten wir Verantwortung übernehmen.

Ich sehe das jedes Jahr im Wald, da gehen die Leute Pilze sammeln und haben Proviant für den Tag dabei. Und wenn die Körbe voll sind, dann wird von den Esspausen, einfach der Müll liegen gelassen. Ist mir auch zu hoch, hinschleppen können sie es doch auch, da kann es doch nicht so schwierig sein, seinen Müll wieder mitzunehmen. LG Romy
es war noch in B, als auf einer party – in einer wohnung gegenüber eines grossen stadtparks – das gespräch darauf kam, wie schlimm vermüllt die parks mittlerweile aussehen, müllbehälter quollen regelmässig über etc. (ca. 2008 – man möchte die heute garnicht sehen…). eine offensichtlich universitär ausgebildete, elegante dame meinte, dass sie ihren müll auch nie mit nachhause nähme nach dem picknick im park – wozu zahle sie schliesslich steuern….!!!!
auch mir, eigentlich schlagfertig, verschlug es die worte.
deine beispiele sind auch echt krass…… handtücher nach 2 wochen dumpen und sich dessen nochnichtmal schämen! gruselig.
und ja – bali. schade drum. war mal ein paradies – nun eher die müllhölle.
jedes frühjahr, wenn die winterhochwässer endgültig zurückgehen, sieht auch der strand der elbe kaum besser aus als manche tropeninsel. plastikflaschen und -verpackungen ohne ende. schüler, vereine und enthusiasten sammeln dann containerladungen müll ein, der lokale entsorger ist so freundlich sich drum zu kümmern. anhand der beschriftunge ist tatsächlich die herkunft aus tschechien auszumachen, wir sind nur 14 flusskm von der grenze entfernt – und in tschechien gibt es weder eine gelbe tonne noch pfand auf plastikflaschen oder getränkedosen, wenn wir dort sind, sind wir jedesmal geschockt, wenn alles in einen behälter gepfeffert wird, was wir vorher getrennt haben (in ferienquartieren bspw.).
mülltrennung, geordnete entsorgung und vor allem müllvermeidung sind tatsächlich zivilisationsleistungen – einige zeitgenossen sind da leider noch auf mittelalterniveau.
von den kriminellen machenschaften in sachen müll garnicht zu reden…….. neulich wieder doku gesehen. schlimm.
xxx
Tja, leider wahr. Hier im Innenhof gibt es einen öffentlichen Spielplatz und der sieht manchmal aus… man sollte nicht meinen, dass da auch genügend Mülleimer rumstehen würden. Aber die Dreckspatzen gehen durch viele Bevölkerungsschichten. Das sind hirnlose Eltern, arrogante Jugendliche – da ist vieles dabei.
Das Beispiel mit den Handtüchern wäre gar nicht so schlimm, wenn am Ende der Twist stehen würde, dass sie die dann vor Ort spenden würden. Kenne einige, die lassen teilweise ihre T-Shirts dann zum Beispiel im Hotel als Spende zurück.
Ich denke, jeder, der ein funktionierendes Hirn hat, sollt mit gutem Beispiel voran gehen. Müll zu trennen, ist kein Hexenwerk. Die Infrastruktur dazu gibt es in Deutschland und dort, wo in manchen Urlaubsländern, in denen es sie nicht gibt, sollte man erst recht achtsam mit seinen Hinterlassenschaften umgehen. Der beste Müll ist der, der gar nicht erst entsteht.
Wir haben ganz wenig Restmüll, weil ich entsprechen einkaufe. An Verpackungsmaterial haben wir hauptsächlich Milchtüten und Plastikbeutel von Reis, Hirse und Co. Das lässt sich hier kaum (wirtschaftlich) vermeiden. Lebensmittel-Müll geht gegen Null. Das sind dann ausgekochte Knochen oder so. 😅
Flaschen sind meist Mehrweg, der Rest kommt in den Container. Papier fällt wenig an, weil wir keine Zeitung und keine Werbung bekommen. Kartons kommen eher selten ins Haus.
Es geht.
Manche Menschen sollten vielleicht einfach darauf verzichten, in den Urlaub zu fahren 😉 Oder sie sollten nur dahin fahren, wo man keine Handtücher für den Strand braucht… Ansonsten: Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!
Und all diejenigen, die gern ihre Kippe in die Botanik werfen (und ich rauche selbst): Macht einfach mal vier Wochen Urlaub in Paris. Da ist eine weggeworfene Kippe richtig teuer und spätestens nach vier Wochen hat man gelernt, die Dinger im nächsten Mülleimer zu entsorgen. Und die passen da wirklich auf. Wäre vielleicht ein hübsches Modell für Deutschland?
Ich habe viele Jahre lang, als ich noch direkt an der Elbe wohnte, jeden Sommer wöchentlich den Müll gesammelt, den die Strandbesucher dort liegen ließen. Und irgendwann, so nach zehn Jahren, hatte ich echt die Nase voll. Es wurde nie weniger, es wurde immer mehr. Das kriegt man nur gestoppt, wenn da richtig heftige Strafen drohen. Sonst wird das nie was, fürchte ich. Warum auch immer. Wo sind die alle groß geworden?
Liebe Grüße
Fran