Behalten – Dinge, die ich nicht (mehr) aussortieren würde
Ich mag’s ja luftig, vollgestopfte Räume empfinde ich als erdrückend. Ebenso liebe ich es, wenn ich in Schränken und Schubladen alles mit einem Griff in der Hand habe und beispielsweise nicht erst ein ganzes Fach ausräumen muss, um an den Topf in der hintersten Ecke zu kommen.
Damit das so bleibt, werden ungenutzte Dinge laufend aussortiert und Neues darf nur mit Bedacht einziehen. Letzteres spart nicht nur eine Menge Geld, sondern auch den Aufwand, ein Zuviel wieder zu reduzieren. Denn die Dinge, die man loswerden möchte, werden einem in der Regel ja nicht gerade aus den Händen gerissen. Ersteres, also ungenutzte Dinge, gibt es eigentlich keine (…mehr. Der Bedarf ändert sich, wie sich eben auch das Leben selbst verändert).
Im Haus herrscht sozusagen ein strenger Überwachungsstaat, was den Inhalt angeht. Über den Garten und insbesondere die Blumenbeete hüllen wir mal großzügig den Mantel des Schweigens…
Es gibt aber auch Dinge, bei denen ich (fast) bereue, dass ich sie weggegeben habe. ‚Fast‘, als es sich um einen Holzschlitten handelte, der damals leuchtende Kinderaugen beschert hatte. Wir hatten ihn bis dahin nie benutzt und wenn ich heute an einem schön verschneiten Hang vorbeikomme (was ja immer seltener wird), denke ich manchmal wehmütig an das gute Stück.
Wenn die Sachen anderswo viel mehr Nutzen bringen bzw. viel häufiger zum Einsatz kommen, dann kann ich damit gut leben und für ganz seltene Fälle findet sich meist eine Alternative. Statt einer runden Kuchenform nutze ich z.B. unsere Auflaufform – die rostet auch nicht, wenn man sie in die Spülmaschine packt…
Was ebenfalls Rost angesetzt hatte, war die alte Hantelbank, die mein Mann beim Zusammenziehen mitgebracht hatte. Das Ding war zwar wackelig, aber funktionstüchtig. Trotzdem haben wir es damals samt Hanteln zu Beginn unserer Fitnessstudio-Zeit entsorgt (verschenken wollten wir es lieber nicht – von wegen Gefahr in Verzug). Die Hanteln haben wir 10 Jahre später schmerzlich vermisst und mussten unsere heimische „Turnecke“ neu ausstatten.
Auch wenn ich schon von der These gelesen (und berichtet) habe, dass alles unter 20 Dollar oder wahlweise Euro weg könne – man könne es ja für wenig Geld neu erwerben – finde ich diese Herangehensweise ziemlich kurzsichtig. Im schlimmsten Fall summieren sich die kleinen Beträge am Ende zu einem stolzen Berg Kohle auf. Am meisten spart man immer noch, wenn man Geld gar nicht erst ausgibt. Vor allem aber stört mich am rigorosen Entsorgen der Umweltaspekt. All die Produkte müssen erst mal hergestellt werden – die Wirtschaft freut sich. Die Erde angesichts enormer Müllberge hingegen nicht.
Von einer ausgeprägten Sammelleidenschaft kann man zwar noch lange nicht sprechen, hier aber im Folgenden mal die Dinge, die ich tatsächlich drehe und wende und mir gut überlege, ob sie nicht doch eine verlängerte Aufenthaltsgenehmigung verdienen:
Schrauben und vor allem Unterlegscheiben
Eine kleine Dose mit diversen Schrauben haben wir ja schon immer gehortet. Die hat uns auch so manches Mal schon gerettet, wenn man mitten im Werkeln plötzlich vor einer unerwarteten Herausforderung steht. Völlig unterschätzt hatten wir lange die Gattung der zugehörigen Unterlegscheiben. Bis wir mal ganz dringend welche benötigt hätten und sich die Notlage nur dank nachbarschaftlicher Hilfe lösen ließ. Seitdem gibt es eine zweite Dose und übrige Unterlegscheiben werden wie Schätze gesammelt.
Aufbewahrungsdosen und -boxen aus Plastik
Die gute alte Tupperdose hat über die letzten Jahre ein paar Schrammen am Image abbekommen. Wer was auf sich hält, tauscht die hässlichen Dosen gegen schicke Alternativen aus Edelstahl oder Glas. Mikroplastik ist nicht nur im entferntesten und tiefsten Winkel der Welt angekommen. Es kann auch im menschlichen Körper nachgewiesen werden. Der neueste Aufreger in der Kaffeeküche neulich: Schneidebretter aus Plastik – als wäre das eine Überraschung, dass sich beim Schneiden auf der Kunststofffläche auch ebendiese zerlegt wird. Jetzt kann man natürlich alles Plastik aus der Küche (oder gleich dem ganzen Haus) verbannen. Dadurch macht man das Produkt aber nicht ungeschehen und verlagert das Problem nur entweder in einen anderen Haushalt oder auf den stetig wachsenden Müllberg der Zivilisation. Da der unbeliebte Stoff ja bekanntlich geradezu unsterblich ist, werden die Behälter hier bis zum Sankt Nimmerleinstag genutzt. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel (kann mir bitte mal jemand erklären, warum ganz alte Tupperware so seltsam schmierig wird?) aber was funktioniert, wird genutzt und nicht „zwangsersetzt“.
Alte löchrige T-Shirts
Die T-Shirts meines Mannes werden ja getragen, bis sie förmlich auseinanderfallen. Normalerweise kommen die abgetragenen Sachen weg. Allerdings gibt es eine Kiste sorgfältig kuratierter Malersachen. Wir haben ja Spaß, wenn wir zusammen malern – das sieht man der Kleidung dann allerdings auch an. Wenn also ein Maler-T-Shirt vor lauter Farbe von alleine stehen kann, ist es an der Zeit, dieses auszutauschen. Ausrangierte T-Shirts müssen also erst noch ihren „Pflichtdienst“ ableisten, bevor sie auf den Gnadenhof dürfen.
Schraubgläser
Altglas kann sooo praktisch sein. Gewürze, Marmelade, Pesto, eingelegt Chili – alles lässt sich ganz hervorragend in den Gläsern aufbewahren. Manch einer verwendet sie sogar zum Einfrieren (nicht ganz voll machen!) und für Stifte oder Makeup lassen sie sich auch super zweckentfremden. Warum einen Zahnputzbecher für teuer Geld kaufen, wenn ich einen quasi kostenlos als Beigabe zum Senf bekomme? Wenn man die „richtigen“ Sachen mag, bekommt man sogar richtig hübsche Gläser.
Holzreste
Wir bauen ja geizig, d.h. der Verschnitt soll möglichst gering sein. Man könnte fast meinen, wir machen da einen Wettbewerb draus, so wie wir an den Maßen rechnen und feilen. Manchmal lässt es sich aber nicht vermeiden und bei unbehandeltem Holz könnte man die Reste ja auch in Kamin oder Feuerschale aufbrauchen. Hin und wieder ist so ein kleines 20cm-Stückchen aber enorm praktisch, z.B. als Abstandshalter oder zum Unterlegen, wenn man Werkstücke streichen will. Wir haben genug Platz und können uns den Luxus eines kleinen Holzlagers leisten.
Sprühflaschen aus Plastik
Ein günstiger Bio-Badreiniger bringt seine Verpackung mit. Den Reiniger brauche ich auf und habe dann für meine DIY-Putzmittel-Variante eine Sprühflasche parat. Die ist zwar dünnwandig und wenig attraktiv aber hält lange – wenn man nicht gerade kochend heißes Wasser einfüllt. Dann ist sie nur noch halb so groß… hab ich natürlich extra Nur Für Euch! getestet. Bevor ich also für verhältnismäßig viel Geld eine dickwandige Sprühflasche aus Plastik kaufe, behalte ich einfach alte Flaschen so lange wie möglich.
Fadenscheinige Handtücher
Ich weiß, Qualität zahlt sich aus. Als Studentin konnte ich mir Qualität aber nicht immer leisten und als ich dann einen Stapel schöner grauer Handtücher geschenkt bekommen habe, habe ich mich natürlich gefreut. Die Studienzeit ist lange vorbei, das sieht man auch den Handtüchern an. Ich habe schon mehrfach gehört, dass vor allem Tierheime sich über alte Handtücher und Decken freuen. Allerdings freuen sich Geldbeutel und Umwelt auch über die vielen eingesparten Putzlappen, die wir eben nicht kaufen. Denn die alten Handtücher machen sich ganz wunderbar im Haushalt und sehen dabei sogar trotz ihres stolzen Alters um Längen schicker aus, als das, was einem im Supermarkt so angeboten wird.
Alte Decken
Auch die landen nicht im Tierheim – ich kompensiere mein schlechtes Gewissen einfach mit einer Spende – sondern im Auto. Gerade im Winter raten Automobilclubs dazu, immer eine Decke im Fahrzeug liegen zu haben. Sollte man in eine stundenlange Vollsperrung geraten oder im schlimmsten Fall selbst in einen Unfall verwickelt werden, ist man den eisigen Temperaturen nicht völlig schutzlos ausgesetzt. Ich kutschiere daher einen ausrangierten Schlafsack mit mir herum, den ich zum Glück noch nie gebraucht habe.
Das kann man sicher noch mal gebrauchen.
Einerseits belächelt man ja Leute, die wirklich jeden Schrott aufheben und die Tageszeitungen der letzten 20 Jahre horten. Andererseits ist es gar nicht lächerlich, wenn man sich nicht nur vor dem Neukauf fragt Brauche ich das wirklich? Sondern auch vorm Aussortieren Könnte es für mich nochmal nützlich sein?