Mindset

Einen Scheiß muss ich

Das ein Tag nur 24 Stunden hat, ist eine bekannte, jedoch wenig akzeptiere Tatsache. Um diese begrenze Zeit also möglichst gut auszunutzen, soll man sich das Leben mit allerhand nützlichen Gewohnheiten, Hacks und Routinen vereinfachen. Effizient müssen Arbeit, Haushalt, Familie und Freizeit gewuppt werden. Am besten parallel und natürlich muss es so aussehen, als gelänge einem das mühelos, während man selbst natürlich so aussieht, als wäre man geradewegs einem Modemagazin entstiegen – selbstverständlich ungefiltert, wir sind ja alle so echt.

Um also das Optimum aus diesem knappen täglichen Zeitfenster herauszuholen, startet man ab besten gleich früh morgens mit einer Morgenroutine. Und nein, die besteht nicht darin, noch unzählige Male die Snooze-Taste am Wecker zu betätigen.

So sehr ich auch über manch hippen Trend den Kopf schüttle, muss ich doch zugeben, dass ich morgens auch ein ziemlich streberhaftes Verhalten an den Tag lege. Nach dem Aufstehen, ganz ohne Schlummertaste beim ersten Wecker Klingeln, geht es kurz ins Bad. Mit frisch geputzten Zähnen wieder zurück ins Schlafzimmer, kurz Sportklamotten überwerfen und den Mann wachknudeln – meist mit eher mäßigem Erfolg. Und dann hüpfe ich brav auf die Matte und absolviere eine wilde Mischung aus Kraft- und Yogaübungen. Nach der Dusche gibt’s dann als gemütliches Ritual am Morgen eine Tasse Kaffee und ich lese ein bisschen im weltweiten Netz, was die Bloggerwelt so Neues hervorgebracht hat.

Papierkram wird auch gerne zu dieser noch ruhigen Tageszeit erledigt und dann geht’s auch schon los mit dem Arbeitsalltag. Wobei „schon“ nicht wirklich das richtige Wort ist. Zwischen Aufstehen und Aufschlagen im Büro können schon mal bis zu drei Stunden liegen. Dafür – und das schätze ich sehr – habe ich nach der Arbeit auch wirklich Feierabend.

Morgens bin ich noch gar nicht kreativ genug für Ausreden, um mich vorm Sport zu drücken. Abends hab ich dafür umso mehr Pläne oder möchte manchmal auch einfach nur die Füße hochlegen. Gerade im Sommer zieht es mich dann in den Garten, ins Beet oder in die Hängematte. Wenn es früh dunkel wird, höre ich den Lesesessel sehr eindringlich meinen Namen rufen.

Tatsächlich habe ich durch den konsequenten frühen Start in den Tag erstaunlich viel Freizeit. Komme ich abends erst spät aus dem Büro (oder sitze lange im Homeoffice), hat das keinen negativen Auswirkungen auf mein Sportprogramm. Das sah ganz anders aus, als ich noch nach der Arbeit trainiert habe. Nach so manch extrem langen Tag habe ich wegen akuter Unlust das, was mir eigentlich guttut, einfach ersatzlos gestrichen. Jetzt ist im Kalender Luft für andere Dinge, die mir ebenfalls guttun, wie Spaziergänge – im Idealfall in Begleitung einer guten Freundin, oder Zeit für andere Hobbies.

Als vorbildliche Ordnungsstreberin müsste ich jetzt natürlich auch mit einem perfekt geführten Haushalt aufwarten. Der gehört aber irgendwie so gar nicht zu meinen Prioritäten. Ich bin sogar ein bisschen stolz auf mich, kann ich doch mittlerweile Staubmäuse so lange ignorieren, bis sie den Mann stören. Der hilft selbstverständlich im Haushalt mit, hat aber eine ganz andere Schmerzgrenze als ich. Auf seine Putzschwelle Rücksicht zu nehmen, macht mein Leben wesentlich entspannter und das Haus ist sauber genug. Natürlich wird abends die Küche aufgeräumt und mit ein paar wenigen Handgriffen quasi im Vorbeigehen Ordnung gehalten/wiederhergestellt.

ABER bei all den ach so vorbildlichen Routinen gibt es auch so richtige Null-Bock-Tage. Da sitze ich auch mal gerne lange im kuscheligen Bademantel mit der dritten Tasse Kaffee im Lesesessel und interessiere mich so gar nicht für die Welt da draußen. Im Urlaub ist der Tagesablauf ohne Wecker sowieso völlig aus dem Tritt und ich genieße es, einfach mal so richtig faul zu sein.

Der Haushalt läuft nicht weg (leider, ihr kennt das). Lesen ist Training fürs Gehirn. Wir müssen uns um uns selbst kümmern, damit wir uns überhaupt um andere kümmern können.  Der Stapel an ungelesenen Büchern muss auch mal abgearbeitet werden. Die Muskeln brauchen regelmäßige Regenerationsphasen. Wer einen validen Grund fürs Nixtun benötigt – ich greife gerne kreativ unter die Arme.

Liebe gute Gewohnheit, heute kannst du mich einfach mal!

2 thoughts on “Einen Scheiß muss ich

  1. Fürs Nixtun einen Grund? Ja, ich rufe dich dann mal an.
    Wieder so eine Wortkreation: „Ordnungsstreberin“. 😀 Mit Ordnung hab ich´s auch, aber beim Putzen strebe ich nicht ganz so. Ist schon sauber bei uns, aber ich ich will beim Putzen schon den Unterschied zwischen vorher und nachher sehen, sonst lohnt sich die Mühe für mich (meist) noch nicht.
    Ordnung hält man an besten, wenn man nicht unnötig viel Kram hat, der dann schon nicht mehr in vollgestopfte Schränke passt. Bei mir hat jedes Ding seinen Platz. So ist abends die Bude ganz von selbst aufgeräumt.
    Schöne Weihnachten!
    Sibylle

  2. och nö, da müsste ich schon gut vor 4 Uhr aufstehen. Ich fürchte da würde ich meinen Tag wohl nicht durchhalten. Aber ich verstehe dass das für manche Menschen gut passt. 🤭
    Liebe Grüße Tina

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