Finanzen Mindset

Wovor hast du Angst?

Angst ist ein guter Antreiber. Denn Angst kann uns in den Angriffsmodus versetzen und zum Handeln motivieren. Oder in den Fluchtmodus und wir verlassen unangenehme oder sogar bedrohliche Situationen. Beide Varianten lassen uns aktiv werden – Fight or Flight.

Aber Angst ist auch ein genialer Verkäufer. Wer Angst hat krank zu werden, lässt sich impfen. Wer Angst hat, dass etwas kaputt geht, lässt es versichern. Die Werbe-Industrie baut systematisch darauf auf. Mit künstlicher Verknappung wird gezielt die Sorge, leer auszugehen, angetriggert. Das Hotelzimmer mit Meerblick – nur noch 3 verfügbar, die Bluse im Schlussverkauf – liegt ebenfalls bei 20 anderen Kunden im Warenkorb aber nur noch 4 auf Lager. Das alles wird uns natürlich ganz subtil in fetter roter Schrift angezeigt. Bestellen Sie sofort, das Angebot ist nur noch heute gültig und streng limitiert!!!

Und was machen wir als brave Konsumenten? Natürlich klicken wir schnell auf den „Jetzt-Sofort-Kaufen“-Button und sind ganz glücklich, weil wir glauben, einen super Deal gemacht zu haben. In solchen Fällen wäre es vielleicht sogar besser gewesen, wenn die Angst zumindest den Klickfinger gelähmt hätte.

Natürlich ist die Anzahl der Zimmer in einem Hotel tatsächlich begrenzt und irgendwann sind eben alle ausgebucht. Das hält aber viele Anbieter nicht davon ab, den Verknappungseffekt als Kaufmotivation  zu nutzen. Die limitierte Verfügbarkeit findet man auch oft bei Luxusartikeln, die „limited Edition“ ist qualitativ keinesfalls besonders hochwertig. Alleine die Strategie der Verknappung führt dazu, dass mancher einer mehrere tausend Euro für ein Statussymbol auf den Tisch legt. Spannend fand ich die Erklärung eines Marketingexperten für dieses seltsame menschliche Verhalten:

Menschen neigen dazu, auf Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit zu reagieren, indem sie diese Freiheit zurückerlangen wollen. Wenn Unternehmen ein Produkt oder eine Leistung verknappen, führt das dazu, dass Menschen die Freiheit, das Produkt kaufen zu können, wiedererlangen wollen. Dadurch wird das Produkt, das nicht verfügbar oder besonders knapp ist, begehrenswerter.

Peter Kenning auf impulse.de

Bei manch einem ist die Angst, nicht mithalten zu können größer, als der gesunde Menschenverstand. Da werden teure Klamotten angehäuft und ein fetter Luxusschlitten ziert die Hofeinfahrt. Die Kunden oder wahlweise die Mitarbeiter oder die Nachbarn müssen ja beeindruckt werden. Eine Bekannte erzählte mal, dass sie von ihren Kunden doch tatsächlich auf eine notwendige Botox-Behandlung angesprochen wurde. Und nein, sie ist nicht in der Beauty-Branche tätig. Ich finde das erschreckend und übergriffig, aber ich habe ja keine Ahnung – dafür aber Falten.

Die Angst vor dem Alter ist auch ein bisschen eine Angst vor Veränderungen. Wir glauben womöglich, weniger attraktiv zu sein. Wobei sich auch immer die Frage nach der Zielgruppe stellt. Natürlich sieht man irgendwann nicht mehr aus, wie sweet sixteen. Aber wer will denn als Golden Girl mit einem pickeligen Pubertierenden anbandeln. Die körperlichen und geistigen Einschränkungen sollten uns mehr Sorgen bereiten und die Angst davor lässt uns vielleicht ein bisschen mehr auf unsere Gesundheit achten. Pillen und Pülverchen lassen sich damit übrigens auch blendend verkaufen.

Was nebenbei ganz gut zur geistigen Fitness beitragen kann, ist das aktive Verlernen von Gewohnheiten. Klingt komisch, aber wenn sich die Lebensumstände ändern, kann uns unser antrainiertes Verhalten schon mal ein Bein stellen. Falls man in von einer einstöckigen in eine mehrstöckige Wohnung zieht, sogar wortwörtlich… Aus eingefahrenen Mustern auszubrechen kann für unser Hirn aber genauso anspruchsvoll sein, wie neue Gewohnheiten zu etablieren. Hauptsache, man bleibt beweglich – sowohl geistig als auch körperlich.

Man könnte vielleicht sogar schlussfolgern, dass uns unsere Ängste wachsen lassen. Dafür muss ich sie aber erst mal kennen. Und dann muss ich auch noch den Mut aufbringen, mich meinen Ängsten zu stellen. Das kann der Sprung vom 3-Meter-Brett sein, mit sämtlichen Badbesuchern als applaudierende Zuschauer. Oder das Zeigen der eigenen Kunst  vor einem Publikum.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mit den ersten Artikeln meinen Blog gestartet habe. Am Anfang habe ich niemandem ein Sterbenswörtchen davon erzählt außer meinem Mann. Und der liest zu langsam, als dass er hier noch hinterher kommt. Bis heute wissen nur sehr wenige Menschen aus meinem analogen Umfeld, dass ich schreibe. Es interessiert einfach die wenigsten und Lesen (selbst, wenn es „nur“ Blogs sind) ist erschreckend unpopulär.  Da schaut man sich lieber langatmige Videos an, in denen es gefühlt Jahrzehnte dauert, bis der Clip endlich mal zum Punkt kommt. Muss ich nicht verstehen, ich weiß, dass ich zu ungeduldig bin. Aber eine meiner größten Ängste ist tatsächlich, dass ich völlig verlerne, mich zu konzentrieren und zu fokussieren. Dagegen hilft übrigens Ginseng oder Ginko, wahlweise als Kapsel oder Konzentrat einzunehmen.

Das Geld investiere ich lieber gewinnbringend. Komischerweise macht mir der Aktienmarkt überhaupt keine Angst. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich mir auch dank vieler phänomenaler Blogs fundiertes Wissen aufgebaut habe. Was wir kennen, macht uns gleich viel weniger Angst. Schade, dass wir den Klimawandel nicht einfach Hugo nennen können.

Gibt es etwas, dass euch Angst macht und dass ihr nicht einfach Hugo genannt habt?

12 thoughts on “Wovor hast du Angst?

  1. angst habe ich keine mehr seit ich der kindheit entronnen bin……. allerdings weis ich auch sehr gut, wo meine grenzen sind – ungebremst mit dem rad den berg runterdonnern, auf´m grade zugefrorenen see rumschlittern, mit tigern ringen o.ä. lass ich lieber bleiben ;-D
    und die ganz starke höhenangst, die mich als kind oft gelähmt hat, habe ich mir schon mit 11 abtrainiert – ich wollte auch kirschen klauen! irgendwann habe ich dann das bergsteigen und felsklettern angefangen…..
    die von dir geschilderten, konsumtriggernden ängste kenne ich schon gar nicht – ich bilde mir viel darauf ein, NICHT „dazuzugehören“….. ;-D deswegen greifen bei mir werbung, sales, pseudo-verknappung oder rabatte überhaupt nicht.
    @altern: mit mitte fünfzig ist man quasi schon mittendrin. da ich glück habe mit den genen wird mir wohl keiner so schnell botox empfehlen – davon abgesehen kenne ich „solche leute“ gar nicht….. aber die zunehmende „gebrechlichkeit“, die macht mir schon sorgen – zumal ich nicht ein dutzend pillen täglich schlucken will…..
    wir werden sehen.
    xxx

    1. Die tägliche Mahlzeit aus Pillen erschreckt mich auch immer. Motiviert mich aber auch, entsprechend vorzusorgen, auch wenn ich mal keine Lust auf Sport habe oder der Kuchen viel leckerer aussieht, als der Salat. Wobei ich mir auch nichts verbiete, dafür genieße ich das Leben zu gerne.
      Ich glaube, alleine das Wissen um die fiesen Marketingtricks hilft schon enorm, nicht auf diese Maschen reinzufallen. Zumindest löst es bei mir kaum mehr als ein müdes Schulterzucken aus, wenn mir jemand mit künstlicher Verknappung kommt. Und wenn ich mal tatsächlich etwas nicht mehr bekomme, ist das auch kein Weltuntergang.

  2. Streng genommen basiert unser ganzes Leben auf Angst. Die Frage ist , ob die Angst gut oder schlecht für uns ist und wie wir damit umgehen.

    1. Das klingt im ersten Moment furchtbar aber es heißt ja auch „Kampf ums Überleben“. Ich würde es trotzdem nicht so formulieren, denn aus meiner Sicht basiert unser Leben auf viel mehr als nur Angst. Und in ständiger Angst zu leben, würde uns so unter Stress setzen, dass wir das gar nicht überleben könnten.

  3. Es gibt wenig, wovor ich Angst habe. Viel zu früh von einer fiesen Krankheit dahingerafft zu werden, diese Vorstellung erfüllt mich schon mit Sorge. Denn ich liebe das Leben und möchte es so lange wie möglich geniessen. Oder dass die Menschheit es tatsächlich schafft, unseren herrlichen Planeten vor die Wand zu fahren- auch diese Vorstellung finde ich furchtbar. Aber irgendwas nicht (mehr) kaufen zu können? Nein, wirklich nicht. Da hilft die eigene Erfahrung mit einem wirklich „schlichten“ Leben sehr und lenkt die Prioritäten in eine ganz andere Richtung! Und was das Altern anbelangt: meine beiden Grossmütter haben mir vorgelebt, wie schön und sinnvoll das Leben auch im hohen Alter sein kann. Solange nicht: siehe oben! Also nehme ich meine Jährchen mit erhobenem Haupt und freue mich über jeden Tag, den ich einigermassen fröhlich hinter mich bringe. Es knirscht und knackt schon lange im Gebälk- aber doch nicht so laut, dass alles Andere davon übertönt würde! 😉 Da liegt vieles in der eigenen Hand: gesundes Essen, etwas mehr Bewegung als unbedingt nötig und die Freude an den kleinen Schönheiten des Lebens sorgen schon dafür, dass man einigermassen im Takt bleibt! Wenn dann noch ein Quäntchen guten Mut dazukommt kanns auch nicht schaden….
    Also einfach immer weiter!

    1. Älter werden ist nichts für Feiglinge – da ist viel Wahres dran. Aber mit einer positiven und mutigen Einstellung lebt es sich definitiv leichter. Und es gibt viele tolle Vorbilder, die beweisen, dass ein glückliches Leben jenseits der 40/50/60… auch ohne Botox und Lottogewinn möglich ist.

  4. Mit Mitte 40 muss ich sagen, dass sich mein Angstverhalten doch sehr geändert hat gegenüber meiner Jungend. Jetzt mache ich mir Sorgen und schüre Ängste vor Krankheiten, finanziellen Problemen…sowas in der Art. LG Romy

    1. Das ist auch ein interessanter Punkt, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Tatsächlich sind die Sorgen altersabhängig und in der Jugend ist das Alter halt noch so weit weg. Da hat man ganz Andere Sorgen und Ängste – bekomme ich einen Job/Ausbildungs-/Studienplatz, mögen mich meine Mitschüler, was bringt die unsichere Zukunft…

  5. Ich gebe meiner angst tatsächlich manchmal einen Namen. Und sie kann mitfahren, denn sie hat ja auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ich einigermaßen sicher durchs Leben komme. Aber sie muss sich hinten rein setzen, sich anschnallen und die Klappe halten. Am Steuer sitze ich.

  6. Ich lese auch lieber, als Videos zu schauen.
    Mein Trick bei denen: Mit 1,5 facher Geschwindigkeit anschauen. Klappt bei den meisten hervorragend. Und die paar Sekunden, die so wichtig sind, kann man ja nochmal langsam ansehen.
    Über das Thema Angst müsste ich einen Roman schreiben. (Äh, hab ich schon…)
    Liebe Grüße
    Susan

    1. Das schnellere Abspielen von Videos ist eine gute Möglichkeit. Allerdings nervt mich dann auch immer das ständige Hin- und Hergespule, wenn ich etwas genau wissen (oder nachmachen) will. Ein Hoch auf die gute alte schriftliche Anleitung (vorzugsweise digital)!

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