Augen zu und durch, Fiffi!
Unser Alltagstrott sorgt dafür, dass vieles routiniert und ohne großen Aufwand ablaufen kann. Morgens aufstehen, Zähne putzen, anziehen und sich auf den Weg zur Arbeit machen – das alles läuft auf Autopilot. Wäre es anders, wäre unsere Leben ungemein anstrengender und einfachste Tätigkeiten würden viel mehr Zeit und Energie in Anspruch nehmen. Es gibt also keinen Grund, Routinen und gewohntes Verhalten zu verteufeln. Im Gegenteil, sie geben uns die Möglichkeit, unsere Gehirnkapazitäten für die wirklich wichtigen und interessanten Dinge zu nutzen. Man stelle sich nur vor, man müsste sich jeden Morgen beim Anziehen erst mal überlegen, in welcher Reihenfolge Unterwäsche, Socken, Hose und Hemd wohl am besten überzustreifen sind. Und wie könnte man Autofahren, wenn man an jeder Ampel erst mal darüber nachdenkt, mit welchem Fuß man jetzt die Bremse betätigen sollte.
Manchmal ist unser persönlicher Autopilot allerdings etwas zu übermotiviert. Wir laufen wie kleine Zombies durchs Leben und bekommen kaum mit, was um uns herum passiert. Das gefürchtete Hamsterrad dreht sich in gleichbleibendem Tempo und wir fühlen uns in der Tretmühle des grauen und gleichförmigen Alltags gefangen. Was wir dabei allerdings gerne vergessen ist, dass es an oft uns selbst liegt, wie wir eine Situation wahrnehmen und wie wir damit umgehen. Es braucht nicht immer die Weltreise zu exotischen Orten oder den Adrenalinkick beim Fallschirmspringen, um mehr Abwechslung und Inspiration im täglichen Einerlei zu finden. Oft genügen schon kleine Anpassungen in Verhalten und Mindset, um der Übermacht des Gewohnten zu entfliehen.
Kleine Abweichungen in der Routine können schon viel bewirken. Statt abends einfach aufs Sofa zu fallen und sich von der Flimmerkiste berieseln zu lassen, kann man nochmal eine Runde spazieren gehen. Das muss gar nicht gleich der Marathon sein, da ist die Hürde, sich aufzuraffen viel zu groß. Oft sind wir nach einem langen Arbeitstag ja auch nicht unbedingt energiegeladen und motiviert. Einfach nochmal die Schuhe anziehen und vor die Tür zu gehen, ist schon Erfolg genug. Dann läuft man gemütlich ein paar Meter und kann sich schon freuen, dass man sich nicht wieder vom inneren Schweinehund hat ausbremsen lassen. Umso kleiner die Hürde, umso leichter lässt der sich nämlich überreden, einfach mal die Klappe zu halten. Danach faulenzt es sich mit gutem Gewissen außerdem gleich noch viel besser. Das lernt der kleine Schweinehund nämlich auch ganz schnell und doof ist der ja nicht.
Neulich las ich, dass es leichter wäre, wenn man ihm einen Namen gibt. Wenn der kleine Fiffi also mal wieder zu zicken anfängt…
Doch nicht nur das Erfolgserlebnis, dass man sich tatsächlich nochmal ein paar Meter bewegt hat, kann beflügeln. Wer nämlich ganz bewusst einen Gang runterschaltet und vor allem seinen Blick für die Umgebung öffnet, kann ganz wundervolle und erstaunliche Dinge sehen und erleben. Und das, ganz ohne Tausende von Euros für weite Reisen zu karibischen Inselparadiesen auszugeben. Denn die Zeit bis zum nächsten Urlaub kann ganz schön lang werden, da hilft auch kein „Augen zu und durch“.
Was wir dabei ganz gerne übersehen, sind die unscheinbaren Wunder direkt vor unserer Haustüre. Das fängt an beim spektakulären Sonnenaufgang, der sich völlig unbeeindruckt von sensationellen Locations an jedem noch so gewöhnlichen Ort der Welt zeigt. Und doch endet es nicht mit dem Sonnenuntergang am Abend. Wir müssen nur lernen, auch die kleinen Dinge wahrzunehmen und vor allem zu schätzen.
Dann ist unsere Welt plötzlich voll winziger schöner Momente, die letztendlich mit jedem Lächeln, dass sie uns ins Gesicht zaubern, unser Leben ein bisschen besser machen. Sei es das wohligwarm leuchtende Windlicht, dass der Nachbar jeden Abend vor seiner Tür anzündet und das uns auf dem Heimweg empfängt. Oder ein winziger Frosch, der am Wegesrand unter einem Pilz sitzt. Manchmal ist es auch einfach nur eine kleine Blüte die einen völlig unwirtlichen Ort erobert und so zum Leuchten bringt. Die Natur hat einfach das größte Dekorationstalent und ist so gar nicht minimalistisch unterwegs. Unendlich viele Formen, Gerüche und Farben gilt es zu entdecken und zu bewundern.
Oft fehlt uns einfach nur die Zeit, unseren Blick aufmerksam auf unsere Umwelt zu richten. Wir wünschen uns Urlaub, einen Tapetenwechsel, wollen die ganze Welt bereisen. Dabei sehen wir nicht einmal, was sich direkt vor unserer Nase befindet. Natürlich hat man nicht jeden Tag Zeit und Lust, die nahe Umgebung zu erkunden. Ist es grau und regnerisch, macht man es sich lieber mit Fiffi auf dem Sofa gemütlich. Glücklicherweise ist der innere Schweinehund ja stubenrein, doch hin und wieder sollte man ihn trotzdem mal vor die Tür scheuchen und ihn eine Runde Gassi führen. Kostet ja nichts, im Gegenteil. Und vielleicht finden wir ja etwas, das uns lächeln lasst.
Um ehrlich zu sein: ich brauche relativ viel Trott in meinem Leben! 😄 Das gibt einem irgendwie ein bisschen Halt. Wenn ich z.B. morgens die Stallarbeit nicht im gewohnten Ablauf erledige, dann komme ich ins Stocken und vergesse bestimmt irgendwas. Also geht das IMMER! nach einer ganz bestimmten Vorgehensweise. Hat vielleicht auch was mit dem Älterwerden zu tun (man wird echt dussliger….!) . Übrigens tut die Stallarbeit abends genau das für mich, was du mit den kleinen Spaziergängen beschreibst. Ich komm nochmal raus, bin bei den Tieren, an der frischen Luft. Und es gibt immer irgendwas zu lachen mit der Rasselbande. Man glaubt gar nicht, was 2 Pferde und 10 Katzen alles anstellen können….
Mein „Fiffi“ ist eine arme S**- der bekommt andauernd eins übergebraten. Eben gerade darum, weil mir meine Tiere gar keine Wahl lassen und ich raus MUSS. Egal ob es friert, schneit, mörderheiss ist oder ganz früh morgens. Das macht einem ziemlich gelassen, notabene.
Ganz furchtbar finde ich es übrigens, wenn der Alltag „hinter sich gebracht werden muss“. Wenn man sich von WE zu WE, von Ferien zu Ferien hangelt. Ich versuche, jeden Tag zu LEBEN. Ihn wahrzunehmen. Und auch wenn es mal wieder ein völlig mieser war, so what. Am nächsten kann mans besser machen!
Ausserdem schmeisst einem jeder Tag so viel Schönes vor die Füsse! Und ja, es sind die kleinen, oft unscheinbaren Dinge, die einem fröhlich machen können. Glücklich, wer sie aufhebt….
Herzliche Grüsse!
PS: regelmässig ein Grinsen ins Gesicht zaubern mir „meine“ Krähen am Stall. Die haben gecheckt, dass je ein Napf mit Mietzfutter und Wasser beim Eingang steht. Morgens sitzen die schwarzen Gesellen alle auf den Zaunpfählen rum und warten, bis ich Trockenfutter nachfülle. Und dann treten sie in einer Schlange an (wirklich!!), eine hinter der andern, und jede holt sich einen Schnabel voll Frühstück. Manche tunken das Futter sogar noch ins Wasser….Es ist zum Schreien! Sehr erstaunlich ausserdem: die verhalten sich höchst anständig. Keine jagt die andere weg, jede kommt dran. Da könnten wir Menschen uns mal ein Vorbild nehmen, nichtwahr?
Was für ein schönes Bild, ich liebe Krähen. Generell könnte ich stundenlang Tiere beobachten, vor allem wenn sie so putzige Routinen entwickeln, wie deine schwarzen Gäste. Leider haben wir außer unserem ‚Fiffi‘ keine eigenen Haustiere, dafür besuchen uns aber die vielen Katzen aus der Nachbarschaft regelmäßig. Und die schaffen es dann tatsächlich, mich vor die Tür zu locken um ein paar Streicheleinheiten zu verteilen.
jetzt denke ich schon 5 minuten drüber nach…..
….aber – was du da schreibst über autopilot versus achtsamkeit….. das ist mir ganz fremd. ich bin eigentlich immer achtsam – für autopilot muss es mir sehr schlecht gehen oder ich muss sehr betrunken sein….
😀
xxx
Ach, manchmal finde ich den Autopiloten ganz nützlich. Sobald ich nämlich darüber nachdenke, wann ich beim Autofahren schalten und kuppeln muss, wird es echt anstrengend. Da konzentriere ich mich lieber auf Wichtiges und lasse den Rest automatisiert ablaufen.