Haus und Garten Minimalismus

Vorher, Nachher – ein Kraftakt

Irgendwann kommt ein Punkt, an dem es kippt. Von „Das kann man ja noch brauchen“ zu „Keine Ahnung, wofür das gut ist“ ist es ein schleichender Prozess.

Bei uns im Haus war es eine über Generationen gewachsene kleine Werkstatt im Keller. Für manch einen ist das ein wahrgewordener Bastler- und Handwerkertraum. Hier hat er sich in Sägemehl aufgelöst. Im Zuge eines bevorstehenden Hausverkaufs muss alles weichen und damit hat auch dieser vollgestopfte Kellerraum nun ein Ende.

Ursprünglich wurde die Werkstatt von meinem Großvater aufgebaut und genutzt. Er war sowohl handwerklich als auch künstlerisch begabt und hat in dem kleinen Kellerraum stundenlang gewerkelt. Als Kind war ich fasziniert von den vielen Dingen und habe ihm gerne bei der Arbeit zugesehen. Nur vor der Kreissäge hatte ich immer ein bisschen Respekt – mein Opa hatte nur neun Finger…

Die Werkbank Marke Eigenbau

Über die Jahre, lange nachdem mein Opa gestorben war, wurde die Werkstatt in der Familie immer weiter genutzt. Doch hauptsächlich war sie ein Aufbewahrungsort für alles rund ums Handwerken, angefangen bei Schrauben bis hin zu Farbdosen und allerhand verschiedenem Baumaterial. Auf dem Niveau meines Großvaters hat hier niemand mehr gewerkelt (und geputzt schon gar nicht).

Zwar haben wir immer wieder versucht, Ordnung zu schaffen und Nützliches von Unnützem zu trennen, doch manche Mitbewohner waren längst noch nicht soweit, die Dinge loszulassen. Und so ist über die Jahre vieles in Vergessenheit geraten. Am Ende wusste keiner, was sich in all den schiefen Schränken, klemmenden Schubladen und staubigen Schachteln befindet. Wenn man also etwas brauchte, hatte man entweder die Wahl, einfach in den Baumarkt zu fahren oder 5 Stunden nach dem passenden Teil suchen und dann in den Baumarkt zu fahren.

Zudem halten sich Farben, Kleister und Co in angebrochenen Dosen und Tuben auch nur eine begrenzte Zeit bevor sie eintrocknen. Da macht es bei manchem einfach keinen Sinn, etwas für einen späteren Zeitpunkt aufzubewahren. Glücklicherweise stand die jährliche Schadstoffsammlung im Ort gerade an und wir sind all die dubiosen Mittelchen schnell losgeworden.

Auch viele Elektrogeräte hatten höchstens noch einen Museumswert. Sicherungen und Stromkabel waren nach vielen Jahrzehnten marode. Beim Einschalten haben so manche Geräte bedrohliche Geräusche und übel riechende Wolken von sich gegeben. Da wir an unserem Leben hängen, fanden diese Dinge bei der hiesigen Elektrosammelstelle ein neues Zuhause.

Elektrogeräte und Elektrik mit Charakter

Neben endlosen Behältern voll teils rostiger Schrauben und Nägel fanden sich kiloweise stumpfe Feilen und Sägen in Regalen und Schubladen. Eine wahre Goldgrube für Altmetallhändler. Für uns war es nur Ballast. Erstaunlicherweise ist es möglich, gefühlt tausend verschiedene Schrauben zu horten ohne dass bei Bedarf die eine passende Variante dabei ist. Wir haben also irgendwann aufgegeben und alles entsorgt. Bleiben durften nur einige wenige sortierte Schraubensorten, die wir dann bei Bedarf auffüllen.

Beim Ausmisten stolpert man auch immer wieder über Schätze, wie eine alte Ölkanne oder verzierte Wandhaken. Jetzt heißt es hart bleiben. Alles fliegt raus. Das ganze hat in den letzten 40 Jahren (mindestens) niemand vermisst und es wird auch weiterhin keinem fehlen.

Wannenweise Altmetall und Restmüll

Nachdem Wäschekörbe voll Restmüll aus den Schränken, Regalen und Schubladen geräumt war, durften mehrere Kubikmeter Kleinholz auf den Sperrmüll. Ganz Nachkriegsmentalität waren die „Möbel“ der Werkstatt aus allerhand verschiedenster Materialien und Resten zusammengebaut. Da halfen am Ende nur noch Motorsäge und Flex, um dem ganzen beizukommen. Zu guter letzt mussten noch ein paar (viele, sehr viele) Eimer Sägemehl ausgekehrt werden, dass sich über viele Jahre ungestört hinter den Schränken sammeln durfte.

Und das ist nur ein Bruchteil…

Für die Zukunft haben wir uns vorgenommen, dass alles an Werkzeug in den dafür vorgesehenen Werkzeugkoffer passen muss. Für Schauben und anderes „Verbrauchsmaterial“ haben wir eine durchsichtige Box, in der alles wiederum in kleinen durchsichtigen Behältern übersichtlich sortiert bleibt. Dazu kommen noch die Elektrogeräte, wie Bohrmaschine und Co, die im Regal stehen dürfen. Aber dann ist Schluss. Mehr braucht es nicht und mehr darf es nicht wieder werden – schon gar nicht ein ganzer Raum.

Die Ölkanne habe ich zu meiner Schande allerdings aus der Kiste gefischt. Dafür verlässt aber eine ungeliebte Glaskaraffe, die wir als Vase genutzt hatten, den Haushalt und ich habe endlich eine Gießkanne für meine Pflänzchen.

2 thoughts on “Vorher, Nachher – ein Kraftakt

  1. Liebe Vanessa, ein toler Artikel und herzlichen Glückwunsch, dass ihr diesen Kraftakt hinter Euch habt. Glücklicherweise ist unser Keller bereits aufgeräumt und der meiner Eltern sehr, sehr klein. Allerdings kenne ich auch solche Keller wie Euren. Das mit den Schrauben kenne ich, ich hatte eine Werkzeugkiste – von meinen Eltern bekommen als ich damals auszog – sie stand jahrelang so im Keller mit allem was drin war und keine der Schrauben hat je gepasst;)
    Liebe Grüße
    Julia

    1. Hallo Julia,
      nach solchen Aktionen ist man wohl auch nachhaltig kuriert, was das Sammeln und Horten angeht. Von wegen „das kann man ja noch brauchen“. Ein Großteil war leider tatsächlich nur noch für die Mülltonne gut genug.
      LG
      Vanessa

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