Flohmarkt – Schnäppchenparadies oder Zeitverschwendung?
Aufgrund der unverhofften Verkettung glücklicher wie unglücklicher Ereignisse habe ich mich an einem Samstagvormittag sehr früh in der Großstadt auf dem monatlich stattfindenden Flohmarkt wiedergefunden.
Wir waren am Vortag schon ein bisschen bummeln und trotz Begleitung hat mich die Kauflaune so gar nicht erfassen können. Das ist wohl das Ergebnis jahrelangen Reduzierens inklusive sehr bewussten Konsumierens. Und da ich sehr rigoros ausschließlich Kleidung in meinen Schrank lasse, von der ich zu 100% überzeugt bin, lassen mich die meisten Sachen in den Läden kalt. Einzig ein Kleid hat meine Aufmerksamkeit erregt. Nachdem die passende Größe nicht in Schwarz vorhanden war, hatte sich das allerdings sofort erledigt. Selbst, wenn eine Nummer kleiner (eingehen hätte es nicht dürfen) mit etwas Bauch einziehen gut gepasst hätte, keine Kompromisse!
Erstaunlicherweise waren die Bekannten, mit denen ich unterwegs war, enttäuschter als ich selbst. Womöglich rechtfertigen wir unsere Ausgaben vor uns selbst damit, dass unsere Begleitung ebenfalls viel Geld auf den Kopf gehauen hat und versuchen daher diese zum Einkaufen zu animieren?!
Als ich dann am nächsten Morgen durch die Stadt spaziert bin, hatte ich also überhaupt kein Bedürfnis mehr, ein Bekleidungsgeschäft zu betreten. Ein paar Dinge für den Haushalt gäbe es auf der Liste im Hinterkopf. Daher dachte ich, der Flohmarkt wäre eine gute Idee. Nachhaltig und zu kleinem Preis einkaufen und dabei noch jemandem Überflüssiges abnehmen, das man selbst benötigt.
Offiziell startet dieser besagte Flohmarkt um 8:00. Nachdem die Läden auf der Shoppingmeile aber erst um 10:00 öffnen, lohnt sich der frühe Start für die Händler wohl kaum und so waren die meisten um kurz nach 9:00 immer noch mit dem Aufbauen und Sortieren ihres Angebotes beschäftigt. Trotzdem würde ich die Aktion nur zu so früher Stunde wiederholen. Es war noch angenehm leer und die Luft noch schön kühl und frisch. Man konnte entspannt von Stand zu Stand spazieren. Wer später kommt, darf sich von den Massen über den Platz schieben lassen und zu hochsommerlichen Temperaturen schwitzen. Da ich alleine unterwegs war, konnte ich mich entspannt in meinem eigenen Tempo treiben lassen.
Doch die romantische Vorstellung, beim Stöbern auf dem Flohmarkt ein paar Schätze zu entdecken oder zumindest irgendwas Sinnvolles war schnell im Keim erstickt. Viele Händler sind professionell unterwegs und spezialisiert auf hochpreisige Dinge wie Markenporzellan oder Sammlerwaren. Dazwischen gab es einige Schmuckanbieter mit teurem Silberkram, die man auch auf jedem Krämermarkt findet. Und dann natürlich ein ganzer Haufen von Dingen, die man nicht mal geschenkt annehmen würde. Ganz im Ernst, wer kauft denn ein völlig abgewetztes Paar Schuhe oder völlig zerfledderte Bücher?!
Doch trotz der Ernüchterung ist es spannend, was die Leute so alles anbieten und vor allem, welchen Wert sie diesen Dingen noch zusprechen – der Besitztumseffekt lässt grüßen. Da ist es besonders lustig, bei den Preisverhandlungen Mäuschen zu spielen. Das ist ganz großes Kino (und viel günstiger)! Sehr dramatisch vor allem der Dialog zwischen dem Verkäufer und seinem Nachbarn am nächsten Stand im Abspann, nachdem der Kunde nach erfolgreichem Deal weitergezogen war. Da wird mit großer Geste und viel Theatralik noch über die unverschämten Kunden gezetert und gejammert, dass man ja am Ende des Tages überhaupt nichts verdient hätte. Und doch stehen sie zum nächsten Termin wieder am Stand und verscherbeln Spielzeug, das offensichtlich Horrorfilmen wie „Chucky“ oder dem „Friedhof der Kuscheltiere“ entsprungen ist, zu Mondpreisen.
Am Ende hat sich der Besuch wirklich gelohnt. Ich habe zwar nichts gekauft, hatte aber eine Menge Spaß. Wer einen Flohmarkt ohne Erwartungen besucht, kann also auch ohne das erbeutete Schnäppchen eine unterhaltsame Zeit erleben.
Falls jemand jetzt Lust bekommen hat, ein bisschen zu Stöbern inklusive Unterhaltungsprogramm, findet ihr hier oder hier die nächsten Termine in der Nähe und gleich noch ein paar Tipps zur Vorbereitung, falls auch ein paar Anschaffungen geplant sind.
Ich finde Flohmärkte sind insgesamt eine gute Sache: Dinge, die nicht mehr gebraucht werden, müssen nicht weggeworfen werden sondern können gut noch von anderen Menschen genutzt werden, das ist viel nachhaltiger als nur neues zu kaufen. Zudem kann man noch das ein oder andere Schnäppchen erstehen.
Ich schlenderte gern über Flohmärkte, allerdings darf man dabei auch nie zu viel erwarten. Denn nicht immer findet man auch etwas, was man kaufen möchte.
Ja, die eigene Erwartungshaltung macht den Unterschied. Man sollte entspannt an die Sache herangehen und darf nicht enttäuscht sein, wenn sich nicht genau das findet, was man gerade braucht. Und in einer Zeit, in der alles ständig verfügbar ist, ist es eben auch Einstellungssache, ob man sich darauf einlässt, dass Konsumbedürfnisse eben nicht sofort befriedigt werden oder man Kompromisse eingehen muss.