Finanzieller Extremsport
Manchmal gibt es Wünsche, von denen man sich nie träumen ließ, dass man sie mal verwirklichen könnte. Wenn man dann doch irgendwann in der Situation ist, dass man sich plötzlich den nötigen finanziellen Spielraum hat, sollte man die Chance ergreifen.
Dank eines Berufswechsels war auch ich plötzlich in der Lage, mir Wünsche zu erfüllen, an die ich vorher nicht zu denken gewagt hätte. Das ist für mich keine Selbstverständlichkeit und ich werde dafür immer dankbar sein.
Nach einem Strandurlaub in dem mich zum Schnorcheln an der Riffkante überwinden konnte, haben mein Mann und ich beschlossen, gemeinsam in Deutschland unseren Tauchschein zu machen. Wir wollten das ganz bewusst nicht im Urlaub machen sondern in Ruhe und ohne Zeitdruck bei einer vertrauenswürdigen Tauchschule.
Doch mit einem einfachen Tauchkurs ist es in der Regel nicht getan. Hat man einmal Blut geleckt, kommen unweigerlich weitere sogenannte „Specialty Kurse“ hinzu. Ohne diese weiterführenden Kurse bleiben einem unerfahrenen Taucher glücklicherweise viele Tauchplätze verwehrt. Denn auch wenn sich über manche Kurse streiten lässt, macht es beispielsweise wirklich Sinn, erst mal zu lernen, wie man sich in größeren Tiefen verhält, bevor man sich blind in kühle Nass stürzt. Allerdings ist eine Tauchschule kein Wohlfahrtsverband und an den Kursgebühren wollen natürlich auch die Tauchausbildungsorganisationen (z.B. SSI, PADI, …) etwas mitverdienen. Dafür hat die Ausbildung dann auch einen entsprechenden Standard und wird bei den Tauchbasen problemlos anerkannt.
Aber zurück zu unserem OWD-Kurs. In diesem Basiskurs (OWD = Open Water Diver) werden die Grundlagen des Tauchens mit Presslufttauchgerät vermittelt. Zu dem Theorieteil einschließlich Prüfung gibt es natürlich auch einen praktischen Anteil, den wir in Ermangelung eines erreichbaren Meereszugangs in einem süddeutschen Baggersee absolviert haben. In den deutschen Seen sind die Sichtweiten natürlich nicht vergleichbar mit denen im offenen Meer. Doch dank der lehrreichen Tauchgänge mit teilweise nur knapp 30 cm Sicht kann einen hinterher kaum noch etwas schrecken. Außer vielleicht Fische, die urplötzlich aus dem Nichts in der trüben Brühe vor einem auftauchen. Doch die Seen in unseren Breitengraden haben noch einen weiteren Nachteil. Es ist saukalt da unten!!!
Schon während dem ersten tiefen Tauchgang auf 18 Meter fiel mein Blick neidvoll auf den kuschelig warmen Trockentauchanzug unserer Tauchlehrerin. Kaum zurück an der Oberfläche eröffnete ich meinem Mann mit blaugefrorenen Lippen, dass das auch will. Sonst könne er sich weitere Tauchgänge mit mir aus dem Kopf schlagen. Da nicht ganz klar ist, wer von uns die größere Frostbeule ist, hat es auch keinerlei Überredungskunst erfordert. Abenteuer Trockentauchen – wir kommen! Und da wir keine Lust hatten, wie ein Korken kopfüber im Wasser zu hängen, haben wir dafür auch erst mal einen Kurs gemacht. Der erste eigene Tauchanzug war somit auch ein „Trocki“, den Neoprenanzug im Urlaub kann man ja leihen.
Beim ersten Urlaub am bzw. im Meer haben wir dann auch einen Teil der Ausrüstung bei der Tauchbasis ausgeliehen. Auch wenn die Leihgebühren langfristig im Vergleich zum eigenen Equipment höher ausfallen, kann man ja nicht gleich das Komplettpacket stemmen. Jacket (Tarierweste) und Neoprenanzüge haben wir also beide aus dem Fundus unseres Tauch-Guides bekommen.
Doch mein Anzug war eher eine zusammenhängende Abwesenheit von Neopren. Da lief das Wasser nur so durch wie im Strömungskanal. Da die Tauchbasis zugleich eine Auffangstation für Tiere war, rochen die feuchten Anzüge zudem extrem nach nassem Hund. Alleine das Anziehen war schon eine Überwindung, zum Glück war das unter Wasser schnell vergessen. Aber nach dieser unangenehmen Erfahrung mussten für den nächsten Urlaub definitiv eigene Neoprenanzüge her.
Bei einem unserer späteren Urlaube mussten wir dann lernen, hatten wir dann gruselige Jackets ohne integrierte Bleitaschen, die wie in einem Ballon im Wasser hingen. Ich hatte immer das Gefühl, ich würde gleich nach unten rausrutschen und hing wie eine Boje in der Strömung. Für entspannte Tauchgänge ist eine gute Wasserlage wichtig. Sie hilft nebenbei aber auch ungemein beim Fotografieren. Also gingen wir mal wieder einkaufen.
Apropos Fotografieren – zwei Taucher, eine Kamera. Das konnte ja nicht auf ewig gut gehen. Wir haben also in eine weitere kleine UW-Kompakt-Kamera investiert. Dafür braucht es dann natürlich noch eine Lampe. Denn sobald man ein paar Meter abtaucht, wird es blau. Oder grün und dunkel, wenn man in einem See taucht. Nicht zu vergessen die Nachtauchgänge, bei denen aus Sicherheitsgründen auch eine zweite Lampe mitgeführt werden sollte.
Ich glaube, es ist offensichtlich, dass wir hier von einem sehr teuren Hobby sprechen. Neben der Ausrüstung, bei der es immer Optimierungspotential gibt, kommen auch die nicht ganz günstigen Urlaube dazu. Bei Flugreisen natürlich zuzüglich Sportgepäck. Nicht zu vergessen die Kosten für die Tauchgänge, Gebühren für Tauchgebiete,…
Und wenn wir erst von Tauchgebieten anfangen, für warme Gefilde braucht es nur einen 3 mm dicken Neoprenanzug. Geht es aber „nur“ ans mittelmäßig warme Mittelmehr, muss es schon etwas mehr sein. Also mindestens 5 mm eher 7 mm, ein weiterer Anzug muss her.
Was braucht ein Taucher (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
- ABC-Ausrüstung ( Schnorchel, Maske, Flossen)
- Ersatzmaske
- Atemregler
- Tauchcomputer
- Tauchanzug (je nach Wassertemperatur in unterschiedlichen Neopren-Stärken)
- Jacket
- Füßlinge
- Presslufttank
- Blei (und ggf. Bleigurt)
- Kopfhaube
- Neoprenhandschuhe
- Kompass
- Taschenlampe
- Messer
- Riffhaken
- Boje
- Kamera
- …
Und zusätzlich fürs Trockentauchen:
- Trockentauchanzug
- Nochmal Flossen (größere, die auf die Stiefel am Trocki passen)
- Warme Unterzieher und Funktionsunterwäsche
- Handschuhe
Dabei ein kleines Vermögen durchzubringen, ist wie man sieht gar nicht schwer. Am Anfang haben wir noch alle Rechnungen aufbewahrt. Mittlerweile fliegen die Belege nach Ablauf der Garantiefrist raus und ich will auch gar nicht so genau wissen, was ich an Geld schon wortwörtlich versenkt habe. Eines weiß ich hingegen mit Sicherheit, es war jeden Cent wert. Das Tauchen hat mein Leben in vielerlei Hinsicht bereichert. Nicht nur mit unvergesslichen Tauchgängen sondern auch in persönlicher Hinsicht. Ich bin mutiger und traue mir viel mehr zu als vorher. Der Sprung ins kalte Wasser fällt mir auch in anderen Dingen viel leichter. Und die Unterwasserwelt ist voller kleiner und großer Wunder. Es heißt nicht umsonst „tiefenentspannt“.