Grübelei nachts um drei
Fast jeder kennt das, einige besser als andere. Gemeint ist die Situation, in der wir nachts wach im Bett liegen und unsere Gedanken Karussell fahren. Man kommt einfach nicht runter, egal wie sehr man sich auch anstrengt.
Mal abgesehen von den bemitleidenswerten Mitmenschen, die chronische Schlafprobleme haben und sich über diesen Text wahrscheinlich schlapp lachen, plagen jeden von uns auch hin und wieder Sorgen und Ängste, die einen dann um ein paar Nächte Schlaf bringen. Solange wir nur hin und wieder mal eine Nacht durchmachen, kann man sich seinem Schicksal auch einfach ergeben. Das führt mitunter zu einem so nachhaltig entspannten Zustand, dass man unbeabsichtigt wieder wegdämmert.
Klar, ganz offensichtlich führen die erzwungenen Entspannungsversuche nur zu noch mehr Anspannung. Und wenn man sich erst mal ausrechnet, wie viele Stunden Schlaf einem noch übrig bleiben, hat man eh verloren. Umso verzweifelter man versucht, Schlaf zu finden, umso mehr entzieht er sich einem. Am nächsten Tag ist man völlig gerädert und übersteht den Tag schlechtgelaunt nur mit ganz viel Kaffee und Schokolade.
Wenn sich das Hirn also mal wieder in nächtliche Grübeleien verstrickt, brauchen wir dringend ein paar Strategien, um sich aus dieser Gedankenspirale zu befreien.
Ein sehr beliebter Ratschlag ist es ja, es mit entspannenden Atemtechniken zu versuchen. Von der 4-7-8-Methode über die 4-3-4-Methode bis hin zur 4-2-4-2-Methode habe ich schon alles gelesen. Vor lauter Zählen ist mir glatt die Luft weggeblieben. Daher würde ich behaupten, die Zahlen muss jeder für sich selbst anpassen. Eigentlich geht es nur darum, erst einen langen, tiefen Atemzug einzuatmen und dabei bis vier zu zählen. Dann kommt eine kurze Pause in der man den Atem anhält und bis sieben oder drei zählt, je nach dem was die Lunge so hergibt. Danach folgt – logisch – die Ausatmung, bei der man mindestens bis vier zählt. Die Ausatmung soll wohl eher länger als die Einatmung sein. Dann wartet man mit dem nächsten Einatmen kurz bis der Atemreflex einsetzt. Dieser ist übrigens abhängig von der Sauerstoffsättigung im Blut. Man braucht sich also keine Sorgen machen, ausversehen zu ersticken. Mit der Hand auf dem Bauch kann man seinen tiefen Atemzügen nachspüren und fühlen, wie sich das Zwerchfell entspannt, wenn die Lungen komplett leer sind. Und immer schön zählen, das bindet die Konzentration. Die ruhige Atemtechnik gaukelt unserem Körper vor, dass alles in Ordnung ist. Dadurch wechselt der Organismus in den Ruhemodus, der Herzschlag wird ruhiger und wir entspannen. Wenn uns unsere Psyche mit den Grübelattacken also in Fluchtmodus treibt, können wir den Spieß einfach umdrehen.
Die 4-7-8-Methode kann auch sehr gut in stressigen Situationen helfen. Dabei muss man nicht mal unbedingt zählen. Wichtig ist es, innezuhalten und bewusst zu atmen. Gerade in Situationen, in denen man nur noch kopflos reagiert, hilft es ungemein, einen Gang runter zu schalten und die Vernunft einzuschalten.
Atmen wird ja generell schwer unterschätzt. Viele Menschen schöpfen beim Atmen nur einen Bruchteil ihres Lungenpotentials aus. Ein flacher Bauch ist wichtiger, als Sauerstoff, zumindest wenn man den wirren Schönheitsidealen in manchen Köpfen glauben mag. Wenn es darum geht, Luft zu bekommen, ist das aber nicht hilfreich.
Anhalten – Atmen – Nachdenken
Gerade in der Stresssituation atmen wir oft nur flach und schnell. Richtig sind aber lange, tiefe Atemzüge in den Bauch. Von Tauchern können wir uns hier eine wichtige Lektion abschauen. Sobald man sich unsicher fühlt, glaubt Panik zu bekommen oder sich unwohl fühlt, hält man an und konzentriert sich erst mal auf eine ruhige Atmung. Dann kann man schauen, wo das Problem liegt und es lösen. Wir reden hier natürlich nicht über Keine-Luft-Situationen. Aber in den meisten Fällen lassen sich durch bedachtes und ruhiges Handeln kritische Situationen vermeiden. Unter Wasser merkt man, wie sehr uns das Atmen hierbei beeinflusst.
Doch zurück zu unserer nächtlichen Gedankenumtriebigkeit. Wenn Atem- und Entspannungstechniken nicht wirken, und man einfach nur noch hellwach im Bett liegt, kann es helfen, die Gedanken schriftlich festzuhalten. Damit kann man sie loslassen und kommt wieder leichter zur Ruhe. Manche machen das in Form von ToDo-Listen, andere bevorzugen das klassische Tagebuch. Wichtig ist nur, dass man dabei den Kopf frei bekommt.
Im Übrigen hat auch die Tageszeit einen Einfluss auf die Sorgen und Gedanken. Die nächtliche Dunkelheit haben wir als unheimliche und beängstigende Situation schon in unserer Kindheit erlernt. Dieses unbewusste Gefühl der Unsicherheit sorgt dafür, dass sich unser Gedankenkarussell immer schneller dreht. Doch allein das Wissen um diesen Effekt lässt die Ängste und Sorgen oft wieder auf Normalmaß schrumpfen.
Wenn gar nichts mehr geht, hilft eigentlich nur Aufstehen. Manchmal muss man einfach einsehen, dass man verloren hat. Am besten, ihr macht es euch mit einem guten Buch gemütlich um die Gedanken in neue Bahnen zu lenken. Wie währe es beispielsweise mit der Mathematischen Formelsammlung für Ingenieure und Naturwissenschaftler – gute Nacht, Zzz… Zzz… Zzz…