Hausbau – nur etwas für Mutige (inklusive ALLER Nebenkosten)
Angesichts steigender Preise und gleichzeitig knapper werdendem Wohnraum, stellt sich für manch einen die Frage, wie man den in Zukunft wohnen möchte und kann. Wohneigentum hat den Vorteil, dass man keine Miete zahlen muss und machen kann, was man möchte – sofern es sich in ein harmonisches Gesamtbild, sprich Bebauungsplan, einfügt. Andererseits sind die Kosten für Eigentum gelinde gesagt astronomisch. Vor allem für Nicht-Lotto-Gewinner ist gerade ein eigenes Haus oft unbezahlbar. Und auch wenn ein Baukredit möglich ist, lohnt es nicht immer. Z.B. wenn die Rück- und Zinszahlungen langfristig die durchschnittlichen Mietpreise übersteigen. Dann wäre es zumindest aus finanzieller Sicht sinnvoller, weiter in Miete zu wohnen.
Doch beim Wohnen geht es ja nicht immer nur ums liebe Geld. Auch die eigenen Wünsche und Bedürfnisse spielen eine Rolle. Der eine möchte lieber flexibel und unabhängig sein, der andere wünscht sich einen festen Hafen, bzw. ein eigenes Fleckchen Erde zum verwurzeln.
Ohne gewisse Voraussetzungen an ein passendes Grundstück zu kommen, ist auch nicht immer leicht. Gerade in BW ist Boden knapp und wer nicht mindestens zwei Kinder hat und schon im selben Ort wohnt, hat es oft nicht so leicht. Neue Grundstücke werden in komplizierten Vergabe- oder Losverfahren verteilt und sind natürlich heiß begehrt. Mit viel Glück finden sich in bereits bebauten Gebieten noch leere Grundstücke wenn es denn ein Neubau sein soll. Wir hatten beide die Nase voll von Renovierungsarbeiten und haben uns für ein Fertighaus entschieden.
Als Paar mit zwei Vollzeitgehältern ohne Kinder und mit ausreichend angespartem Eigenkapital sind wir bei den Banken ganz gerne gesehen und ein Kredit ist leicht zu bekommen. Trotzdem haben wir uns vorab ganz genau überlegt, mit welcher Summe wir uns noch wohlfühlen würden. Wir sind ja beide keine Anfang zwanzig mehr und wollen nicht noch während der Rente das Haus abbezahlen.
Was wir allerdings nicht in dem Ausmaß auf dem Schirm hatten war, wie sehr man uns etwas verkaufen möchte und wie sehr angesichts dessen bezüglich der Kosten, die auf uns zukommen, untertrieben wurde. Gerade der Häuslebauer hat doch einiges klein geredet. Und bei dem eingeplanten Puffer hätte die Beraterin bei der Bank eigentlich einen Lachanfall bekommen müssen.
Was alle nicht wissen konnten – manchmal geht halt noch mehr schief als geplant. Ein Fehlgriff, bei uns war es die Wahl des Erdbauers, und schon kommt man ganz schön ins Straucheln. Wir haben auf sogenanntem Knollenmergel gebaut und das schlauchförmige Grundstück war eine Herausforderung für alle Beteiligten. Allerdings war das Einstürzen der Baugrube vorauszusehen, sowohl wir als auch die Nachbarn als auch das Bodengutachten hatten davor gewarnt. Nach dem Schreck brauchte der Erdbauer fast fünf Monate, um seine Arbeit wieder aufzunehmen. Um uns dann gleich noch ein Ei zu legen. Der Kellerbauer ist gleich am ersten Tag unverrichteter Dinge wieder von dannen gezogen, da die Baugrube nicht tief genug ausgehoben war. Die haben nämlich die Architektenpläne verwendet und was man als Bauherr früh lernt: Architektenpläne sind keine Umsetzungspläne. Letztere hat der Chef beim Erdbau leider nicht an seine Leute weitergegeben und nachgefragt hat da offensichtlich auch keiner. Wer wissen will, mit wem er in BW lieber nicht bauen möchte, kann sich vertrauensvoll an mich wenden…
Leider konnten wir auch nicht alle Kosten, die uns durch den Verzug des Erdbauers entstanden sind, weitergeben. Da ist einerseits die längere Nutzung der bestehenden Wohnung mit den daraus folgenden Kosten sowie auch die Kosten auf der Baustelle (z.B. Miete für den Baustrom-Verteilerkasten).
Zur Verteidigung aller Beteiligten muss ich sagen, dass die hiesigen Bedingungen das ganze Vorhaben etwas komplexer gemacht haben. Aufgrund der schmalen Grundstücksfläche ist das Haus gute 40 Meter von der Straße entfernt, dazu am Hang und nur von der ca. 7 m breiten Straßenseite zu erreichen. Natürlich sind da sämtliche Leitungen länger als üblich und dazu kommen noch einige Reglementierungen seitens Land/Stadt, die unser Budget nicht gerade entlastet haben. Wer also auf einem kleinen, ebenerdigen 08/15-Grundstück baut, hat es mit Sicherheit etwas leichter.
Was letztendlich auf der Liste stand mit ungefähren prozentualen Kosten:
Kleinvieh macht auch Mist und die Nebenkosten summieren sich über die Bauphase zu einem stolzen Sümmchen. Da heißt es flexibel sein und gegebenenfalls Abstriche machen. Auf jeden Fall sollte man sich immer einen Notfallplan zurechtgelegt haben. Alle wollen natürlich nur dein Bestes – sprich dein Geld. Wer dann nochmal zur Bank muss, weil auf halben Weg das Geld ausgeht, hat keine gute Position um gute Konditionen auszuhandeln. Und zu den aktuellen Zinsen wäre es noch schmerzhafter…
Mittendrin aufhören geht nicht. Wer will schon ein Grundstück mit einer angefangenen Baugrube oder einen Rohbau, dessen Grundriss den Bedürfnissen fremder Menschen angepasst ist. Bei all den Rückschlägen hilft also nur, tapfer die Zähne zusammenzubeißen und das ganze auszuhalten. Oft braucht es eine Menge Geduld und hinterher ist man definitiv ein ganzes Stück resilienter.
Am Ende sind wir ein ganzes Stück über unserem Wohlfühlbudget gelandet. Alle Puffer und Rücklagen sind aufgebraucht und müssen nun wieder neu befüllt werden. Immerhin sind wir ohne Nachfinanzierung ausgekommen. Das haben wir hauptsächlich unseren sonst recht geringen Ausgaben zu verdanken. Shoppen macht uns beiden nur bedingt Spaß, was sich aktuell auch in akutem Hosenmangel beim Hausherren bemerkbar macht. Und auch die besagten Rücklagen waren enorm hilfreich, um etwas Luft zu haben und einiges abfedern zu können. Das Notfallkonto ist und bleibt im Übrigen unangetastet.
Fazit: Bauen ist nichts für Weicheier!
dass ein neubau ein groschen- und ein nervengrab ist, war uns gottseidank klar – dein bericht bestätigt es. zum glück wart ihr schlau genug reserven eingeplant zu haben……
ein altes haus – von 1895 – braucht zwar auch ein budget, neben viel zuwendung – aber gegen neubau sind das peanuts (es sei denn, man will daraus eine vollgedämmte high end smart home bude machen – was uns niemals einfallen würde). wir konnten direkt nach vertragsunterschrift einziehen, mussten nur das wasser und den strom anstellen – obwohl das haus seit 8 jahren leer stand – ausfegen, bett rein, gasflasche für den herd füllen lassen – wohnen.
dann haben wir peu a peu renoviert bis schwere krankheit uns ein wenig aus der bahn warf….. deswegen renovierungsstau. aber nicht auszudenken, wenn statt ein paar unrenovierten zimmern (3 von 6) und einem unschicken bad ein bankkredit drücken würde während mann jahrelang nicht arbeiten kann……..
ausserdem lieben wir alte häuser – vor allem die der jahrhundertwende 😀
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Alte Häuser haben wirklich ihren ganz eigenen Charme, da kann so ein Neubau natürlich nicht mithalten. Wir haben in unserer vorherigen Wohnung auch viel selbst renoviert aber mit jeder Baustelle sind dort weitere Baustellen zu Tage gekommen, ein Endlosprojekt! Da ist so ein modernes und gedämmtes Haus absoluter Luxus und wir sind wirklich dankbar und glücklich, dass wir dieses Fleckchen Erde gefunden haben. Zu Bauen haben wir nach wie vor genug, einige Möbel sind Marke Eigenbau und die Terrasse baucht auch noch einen Regen-/Sonnenschutz. Irgendwie gibt es halt immer was zu tun, egal ob Neu- oder Altbau.
Was ich an eurem Fall nicht verstanden habe: Wozu bitte braucht ihr bei einem Fertighaus eine Architektin??
Auch bei Fertighäusern gibt es eine freie Planung bzw. das Haus muss an die Gegebenheiten des Grundstücks angepasst werden (ging hier nicht anders). Man muss dann auch nicht den Grundriss aus dem Katalog nehmen sondern kann selbst entscheiden, was man braucht. Dafür ist dann die Architektin da. Das Haus wird quasi maßgeschneidert und dann als Legobausatz geliefert und aufgebaut.
Ich war ja mal für kurze Zeit Hausbesitzerin- das ist aber gründlich schiefgegangen. Nicht wegen des Hauses per se, sondern der Beziehung wegen, die auseinanderbrach. Heute würde ich mir (bzw. wir uns!) kein eigenes Haus mehr leisten können, nicht mal ansatzweise. Und ich würde mich wohl auch nicht mehr so festlegen wollen. Ausserdem bin ich inzwischen einfach zu alt dafür und würde von der Bank schon deshalb keinen Kredit mehr gesprochen bekommen. Oder ich müsste so enorm viel Eigenkapital mitbringen, dass ich schon von daher keinen Gedanken mehr daran verschwenden würde. Eigenheim kommt für uns nur noch auf Rädern in Frage…. 😁
Vor etwa 11 Jahren wollten meine Eltern ihr Haus verkaufen, weil sie sich damit einfach überfordert fühlten und was Kleineres, Praktischeres, Handlicheres haben wollten. Und boten es natürlich zuerst uns, meinen beiden Schwestern und mir, an. Niemand konnte oder wollte es haben, aus verschiedensten, verständlichen Gründen. Eigentlich dürfte man sowas nie aus der Hand geben- aber was will man machen? Und ich bin froh, dass wir immer noch ungebunden und frei sind, was das anbelangt.
Trotzdem: ich wünsche euch viel Freude und Glück in eurem neuen Zuhause!
Herzliche Grüsse!
Danke für die Glückwünsche! Ein Haus auf 4 Rädern wäre auch eine schöne Alternative, vielleicht in Zukunft mal. Ich könnte mir schon vorstellen, später einfach mal mit einem mobilen Zuhause durch die Welt zu gondeln. Aber jetzt sind wir hier erst einmal auf lange Zeit glücklich, vor allem mit dem eigenen Garten.
Gegen Dinge, die man nicht aus der Hand geben darf, bin ich mittlerweile allergisch. Habe zu lange mit den daran geknüpften Erwartungshaltungen gekämpft und bin heilfroh, alles hinter mir zu haben. Denn auch wenn Menschen Dinge gerne weitergeben, wollen sie oft nicht, dass sich diese Dinge dann ändern. So frei, wie in unserem neuen Zuhause habe ich mich daher noch nie gefühlt. Das ist wirklich unseres und wir können hier machen, was wir wollen.
Liebe Grüße!
Nicht dass du mich jetzt falsch verstehst: es hatte niemand Druck auf uns ausgeübt, dass wir das Haus nehmen sollten. Ich meinte nur, dass man ein so altes (über 100jähriges), grosses, schön renoviertes Haus, das schon so lange der Familie ein Dach über dem Kopf war und zu ihrer Geschichte gehört, allein deswegen nicht verkaufen sollte. Und weil man für den Preis, den meine Eltern sich vorgestellt hatten, noch nicht mal den Boden bekommen würde heutzutage. Aber es hat einfach für keine von uns Dreien gepasst- und meine Eltern waren auch nicht enttäuscht, dass es niemand von uns übernahm. Es beherbergt jetzt wieder 3 Generationen, und das ist doch schön! (Ich fahre noch heute oft dran vorbei und bin erstaunt, dass ich so gar keine emotionalen Regungen verspüre dazu….)
Inzwischen habe ich HH ja schon soweit, dass er nicht mehr „NEIN!“ sagt zu einem Zuhause auf 4 Rädern. En contraire: er interessiert sich sogar jetzt dafür- YESSSSSS!! 😁 Irgendwann wird er soweit sein, sich darauf einzulassen. Freu mich schon….
♥️liche Grüsse!
Wenn ein Haus über Generationen quasi als Wurzel eine Familie beherbergt, ist das schon etwas Besonderes. Das muss dann halt für alle passen und es gibt immer eine natürliche Veränderung. Ich glaube, das hängt in großen Teilen von der Familie selbst ab. Aber ein großes Haus will auch mit Leben gefüllt werden und dann ist es doch schön, wenn genau das der Fall ist. Und ein zu großes Haus wäre auch ein wunderbares Argument für die 4 Räder 😉
Liebe Vanessa,
vielen Dank für diesen offenen Einblick in die Kostenverteilung beim Hausbau! Ein eigenes Haus zu Bauen ist heutzutage wirklich ein gewaltiges Abenteuer – und ein Kraftakt. So einfach wie es uns die Hochglanzbroschüren und Werbefilme weißmachen wollen, ist es in keinem Fall. Respekt, dass Ihr das Projekt gemeinsam durchgezogen habt und trotz der Finanzprobleme weitergemacht habt. Ich denke, eine minimalistische Haltung hat Euch da sehr weitergeholfen.
Ich hoffe jedenfalls, Ihr fühlt Euch wohl in Eurem Heim und könnt es jetzt gebührend genießen!
Liebe Grüße
Rebecca
Liebe Rebecca,
ja, wir genießen es wirklich hier. Das Abenteuer hat sich gelohnt und mittlerweile würde ich es auch wieder tun (zwischendurch hätte ich das verneint). Auf jeden Fall schweißt so ein Projekt zusammen – wir gegen die Handwerker und Möchtegern-Bauleiter. Aber was auch immer einem über die Kosten erzählt wird – nichts davon ist wahr 😉
LG
Vanessa
Meine Eltern haben relativ spät ein Fertighaus (ja, man braucht einen Architekten, weil die Häuser genauso individuell sind wie konventionelle häuse und überhaupt nichts mehr mit den 70er-Jahren Fertighäusern zu tun haben!!) gebaut. Nach 6 Monaten war es bezugsfertig. Und obwohl wirklich alles reibungslos ging, war mir die Lust aufs Bauen danach irgendwie vergangen, aber es war dann sowieso kein Thema mehr. Das Haus meiner Eltern ist mega gut isoliert, die Qualität sehr hochwertig, aber sie haben auch regelmässig renoviert. Heute würde meine Mutter tatsächlich nicht mehr bauen. Sie sagt, es ist eine Spardose, irgendwas ist immer.
Ich denke, es gibt nicht DIE Antwort zu diesem Thema. Das muss tatsächlich jeder selbst für sich entscheiden. Ich hätte immer mit einem flexiblen Entwurf gearbeitet, damit das Haus an die Lebensbedürfnisse angepasst werden kann. Ein großes Haus, wenn Kinder da sind und dann umbauen, wenn man nur noch zu zweit ist. Sonst sitzen die 80jährigen Damen und Herren später in einem Haus, das zur Last wird und verkaufen wollen sie es auch nicht, weil das Herz dranhängt. Da kann das Haus schnell zum Bumerang werden.
Das ist das Schöne, wenn man selbst und komplett neu baut – alles ist auf die eigenen Bedürfnisse angepasst. Wir waren selbst beide überrascht und überwältigt, wie gut das funktioniert hat. Es ist so genial geworden, dass wir noch zu richtigen Stubenhockern werden, so wohl fühlen wir uns hier. Aber ja, es gibt immer was zu tun. Das war in der eigenen Wohnung (Baujahr 50er) aber auch nicht besser.