Haus und Garten

Kreativitätsverweigerung

Phasenweise herrscht ein reges Treiben im Oberstübchen. Da sprudeln die Ideen nur so und vor lauter Einfällen weiß man kaum noch, wo zuerst anfangen. Und dann herrscht plötzlich gähnende Leere und obwohl ich Langeweile durchaus zu schätzen weiß, finde ich diese absolute Funkstille zwischen den Synapsen ziemlich frustrierend.

Denn es ist ja nicht so, als hätte ich keine Lust zu schreiben. Der Alltag hat nur manchmal nicht sehr viel zu bieten außer – Alltag eben. Ein bisschen inspirierender Input wäre hilfreich, ist aber hin und wieder einfach Mangelware. Jetzt könnte man die Schuld natürlich ganz einfach bei sich selbst suchen, zu viel Arbeit, zu viel Social Media Internetgesurfe, zu wenig Kultur, zu wenig Schlaf und zu wenig (gesunde) Bewegung. Aber das wäre ja langweilig und nebenbei auch überhaupt nicht im Trend. Schuld sind doch grundsätzlich die anderen und sich dafür Ausreden einfallen zu lassen, ist sicherlich kreativer, als sich einfach mit der schnöden Realität zu begnügen.

Andererseits gäbe es durchaus einige kreative Ideen, die auf ihre Umsetzung warten. Satzfragmente wollen zu Texten entwickelt werden. Die Kamera liegt einsatzbereit und doch sträflich missachtet griffbereit neben der Haustüre. Bauprojekte werden gedanklich gedreht und gewendet und gemeinschaftlich diskutiert. Und da ist es teilweise wirklich die Schuld anderer, dass all diese Dinge gerade auf der langen Bank geparkt sind. Wobei ‚Schuld‘ jetzt viel schlimmer klingt, als es ist. Denn auch wenn ich mir was Schöneres vorstellen kann, als alten Teppich zu entfernen und hinterher Fußbodenleisten zuzusägen, machen solche Gemeinschaftsprojekte trotz des Zeitaufwands durchaus auch Spaß.

Das Frühlingswetter ist auch nicht ganz unschuldig an der aktuellen Kreativitätsflaute. Der Plan war ja, im April neue Pflanzen zu setzen und das Gießen in der Anwuchsphase der Natur zu überlassen. Nun ja, auch für die besten Pläne gibt es keine Erfolgsgarantie. Nebenbei will der Kompost noch umgelagert werden aber das lässt sich hervorragend prokrastinieren. Ich muss mich schließlich um den Pflanzennachwuchs kümmern. Und vielleicht küsst mich ja die Muse, wenn es darum geht, wo ich die Ableger der Erdbeerpflanzen hinsetzen könnte. Die schließen gerade Freundschaft mit einem Rosmarin und unterwandern den Thymian – was die Chancen erhöht, dass ein paar der Früchte tatsächlich für uns Menschlein abfallen.

Und vor lauter Freude über den blühenden Rosmarin habe ich dann auch noch völlig verbummelt, ein paar schöne Fotos zu schießen. So wird das natürlich nichts mit der Kreativität! Wobei man die Beetgestaltung ja auch aus der Hand geben könnte. Manche Pflanzen suchen sich gerne selbst neuen Raum und das kann durchaus im Sinne des Gärtners sein.

Es gibt aber auch Exemplare, die am liebsten die Welt- bzw. Gartenherrschaft an sich reißen würden und denen muss ich auch bei mir im Beet vehement Einhalt gebieten. Sonst wächst da bald nur noch Teppichthymian und Oregano – und dazwischen die besagten Erdbeeren. Die gestalterische Tätigkeit kommt also keinesfalls zu kurz, hat aber hin und wieder auch Ähnlichkeit mit einer Aggressionsbewältigungstherapie. Habe ich mich anfangs noch über jedes noch so zarte Blättchen gefreut, zerre ich mittlerweile eimerweise Ausläufer und Ableger aus der Erde. Fühlt sich zwar immer noch falsch an, aber offenbar kann wohl jedes Kraut auch zum Unkraut werden. So viel können wir gar nicht essen, um dieser enormen Wuchsfreudigkeit Herr zu werden.

Manches sollte man sich vielleicht auch einfach nicht ins Beet holen. Ich liebe zwar den Duft von Zitronenmelisse, habe aber sämtliche gut gemeinten Ratschläge in den Wind geschlagen. Am Ende musste ich für das Ungetüm einen neuen Platz im Garten suchen. Ein Teil des Teppichthymians ist ebenfalls mit umgezogen und trotzdem konnte ich schon wieder einen halben Quadratmeter davon aus dem Kräuterbeet umverteilen. Warum haben wir eigentlich Gras gesät?!

Und kaum glaubt man, das eine grüne Monster besiegt zu haben, kommt das nächste um die Ecke. Auch der Estragon fühlt sich pudelwohl und der Schnittlauch scheint neue Größenrekorde aufstellen zu wollen. Immerhin haben wir von allem so reichlich, dass wir alles blühen lassen können. Die Bienen sollen ruhig auch ihren Anteil bekommen.

Ich freue mich schon auf die hypnotische Entspannung, die aufkommt, wenn man den pelzigen Pollentransportern beim Herumwippen auf den Blüten zuschaut. Das belebt so ganz nebenbei auch die Kreativität. Wobei – offenbar reicht schon der Gedanke an den Garten, und die Schreiblust kehrt zurück. Jetzt braucht es nur noch ein paar Bilder und dank längerem Tageslicht hab ich das sogar noch hinbekommen!

Die Zitronenmelisse hat Großes vor – hat jetzt schon 3/4 m Durchmesser und der Thymian legt auch gut vor

One thought on “Kreativitätsverweigerung

  1. Liebe Queen All! Dein Garten sieht ja wirklich nach einem Paradies aus, fehlt nur noch der Gartenteich 😜
    Okay, ich gebe es ja zu, das ist mein Traum, wenn ich mal einen Garten habe.
    Wir sind momentan auch am renovieren und am ausräumen. So langsam nimmt es Formen an – und du hast recht, dass das wirklich was befriedigendes hat (oder wie sagen es die jungen Leute: „das ist total satisfying“ 😂
    Erdbeermarmelade mit Oregano (oder war es Basilikum?) soll übrigens gar nicht mal so schlecht schmecken.
    GLG
    Miriam

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