Minimalismus

Ein Herz für Umzugshelfer

Irgendwann im Leben meint man ja, angekommen zu sein. Was auch immer das bedeutet und wo auch immer das sein mag.

Ich bin in jungen Jahren oft umgezogen und hab mir das immer schön geredet. Gerade wegen der Konsequenzen, die im Bezug auf Freundschaften ja nicht gerade prickelnd sind. Nachdem ich auf drei verschiedenen Grundschulen war, wollte ich danach zumindest nicht nochmal die Schule wechseln. Das hat auch geklappt, die Wohnsituation hingegen war durchaus noch abwechslungsreich. Mit Mitte zwanzig hatte ich bereits gut 10 Umzüge hinter mir.

Und dann war erst mal Ruhe. Zumindest, was den eigenen Hausstand anging. Im Freundeskreis gab es natürlich einige Bewegung und ebenso natürlich hat man da immer mit angepackt. Dabei lassen sich extreme Unterschiede beobachten.

Der absolute Alptraum für jeden Helfer war ein Sammler-Haushalt mit leichten Messi-Anwandlungen. Vorbereitet war gar nichts und der Kühlschrank hielt neben abgelaufenen Lebensmitteln allerhand eklige Überraschungen bereit.

Warum jemand, der keinen Alkohol trinkt, Gläser für so ziemlich jedes Getränk beherbergt, hat sich mir auch nicht erschlossen. Weingläser in unterschiedlichster Ausführung, Sektgläser, Sektkelche, Sektflöten, Grappagläser, Schnapsgläser, Cognacschwenker, Biergläser und -krüge, Whiskygläser – und natürlich noch diverse Wasser- und Saftgläser.

Dazu verschiedene Café-Service, darunter eines mit Weihnachtsmotiv für 24 Personen. All das wohlgemerkt in einem kleinen 2-Personen-Haushalt. Ok, einen kleinen Hund gabs auch noch, aber es kann mir keiner erzählen, dass der mit seinen zwei Näpfen einen großen Anteil an all dem Geschirr gehabt hätte. Man muss ja nicht gleich zum Minimalisten werden, aber dieser Berg an Dingen, der ungenutzt etliche Regale und Schubladen okkupierte, hat mich echt umgehauen.

Und so selbstverständlich ich helfe, fand ich es gelinde gesagt frech, die Umzugshelfer einen verschimmelten Kühlschrank ausräumen zu lassen. Das wir heute keinen Kontakt mehr haben, ist allerdings ein anderes Thema.

Das Umzugshilfe auch ganz anders aussehen kann, merkt man im jetzigen Freundeskreis. Eigentlich stehen wir ja alle mit beiden Beinen fest im Berufsleben. Ich kann mich noch erinnern, wie wir mal darüber gesprochen haben, dass man da dann doch auch einfach ein Umzugsunternehmen beauftragen könnte. Sagen wir mal so, man redet viel, wenn der Tag lang ist.

Würde sich auch gar nicht lohnen, wo doch mit mehreren Paar motivierten Händen ein kleiner Hausstand auch ganz schnell klein bei gibt.

Bei unserem letzten Umzug hatten wir selbstverständlich vorgearbeitet. Und so war alles innerhalb kurzer Zeit im Sprinter verräumt. Kisten braucht es ja nicht viele, wenn man gar nicht erst so viele Sachen anschafft. Wobei wir tatsächlich auch mal Gläser gekauft hatten – aber halt nur für den Gebrauch und nicht, um für jede niemals eintretende Situation vorbereitet zu sein.

Wirklich herausfordernd sind ja auch nur die großen Möbel wie Schrank, Bett und Sofa. Manch einer meinte, dass würde man doch eh einfach neu kaufen. Also ich kann ja verstehen, dass eine neue Wohnsituation manchmal Anpassungen bezüglich des Mobiliars erfordert. Aber bei jedem Umzug ein neues Sofa? Das halte ich nun doch für ein ganz klein wenig übertrieben. Aber was weiß ich schon, wenn es nach mir ginge, würde mein Hausstand in ein Auto passen. Allerding kein Kleinwagen, wir wollen es ja nicht übertreiben. Minimalistisch umziehen ist halt einfach leichter.

Und auch, wenn sowohl der Lieblingsmensch als auch ich und hier angekommen fühlen, weiß man ja nie, was das Leben noch so bringt. Also halten wir es auch weiterhin luftig und schauen, dass sich nirgends Krempel ansammelt. Unausgepackte Kartons vom vorvorletzten Umzug wären hier unvorstellbar.

Nachdem von unserer Seite auf lange Sicht kein Ortswechsel geplant ist, melden unsere Lieblings-Umzugshelfer schon mal vorsichtig Bedarf an. Der seelische Beistand (hatte „Rücken“) darf ebenso mit unserer Hilfe rechnen, wie der Schwerlasttransport aka Schwager. Letzterer toppt wahrscheinlich meine Zahl an Umzügen um ein Vielfaches. Dank einer dieser Aktionstage weiß ich auch, dass man durchaus hundertmal eine ausgelatschte Altbautreppe hochlaufen kann – aber irgendwann nicht mehr runter kommt, weil die Knie dann einfach nachgeben. Seine neue Wohnung hat einen Aufzug. Das war die gute Nachricht.

Der Schwager hat allerdings schon angekündigt, dass es nun ein paar Sachen mehr sind. Also diesmal richtige Arbeit. Das wäre die schlechte Nachricht. Da er aber ebenso wenig wie ich auf 24-teilige Weihnachtsservice steht, mache ich mir da wenig Sorgen. Einzig sein Sofa bereitet uns allen dafür umso mehr Sorgen – oder eher Alpträume. Wenn auch anderer Art als bei den Geschirr-Messies.

Bei seinem Einzug hatten wir uns mit dem Monstrum fest in der Wohnungstür verkeilt und nur mit viel Geschick und Beharrlichkeit den Weg um drei Ecken durch die Türe gemeistert. Ich hab schon angedroht, Schmierseife mitzubringen – derselbe Weg muss ja nun wieder rückwärts bewerkstelligt werden und wir haben alle verdrängt, wie wir überhaupt reingekommen sind. Wenn ich so drüber nachdenke – vielleicht sollte man sich doch bei jedem Umzug ein neues Sofa kaufen – nicht.

So ein bevorstehender Umzug ist immer eine gute Gelegenheit, sich mal eingehender mit den eigenen Sachen zu beschäftigen. Unausgepackte Kisten vom letzten Umzug können wahrscheinlich unbesehen weg. Alles, was man schon Wochen vor dem Umzugstermin einpacken könnte, wird wahrscheinlich nicht all zu oft benötigt. Vielleicht kann man das eine oder andere weitergeben.

Jedes Teil, das man weniger umzuziehen hat, spart Kraft und macht den eigentlichen Umzug leichter. Und falls man tatsächlich ein Umzugsunternehmen beauftragt, auch günstiger. Helfer sind dankbar, wenn sie nicht kistenweise Andenken, Deko und anderen Krempel schleppen müssen. Ich hab da immer einen Umzugshelfer im Kopf, der meine Mutter damals fragte, ob sie Steine in die Kiste gepackt hätte. Ja, hatte sie – gesammelt im Spanienurlaub, aufgefädelt auf dicke Schnüre.

So sehr ich ein gutes Krafttraining schätze, ein Umzug kann ganz schön an die Substanz gehen! Also selbst wenn ihr euch um euren eigenen Hausstand angesichts eines bevorstehenden Umzugs keine Gedanken machen wollt – habt ein Herz für Umzugshelfer!

14 thoughts on “Ein Herz für Umzugshelfer

  1. Irgendwann besteht die Gefahr, dass sich die ein oder anderen Helfer tatsächlich den Rücken verrenken. (Mit den Jahren kommen die Tücken mit dem Rücken.). Also werde ich meinen bevorstehenden Umzug durch eine Umzugsfirma machen lassen. Das geht dann auch ruckzuck und muss nicht am Wochenende sein. Der Umzugsmann meinte, es seien bei mir 7 Umzugskartons – maximal. Was nicht ganz so viel wäre. Sofa habe ich keins, nur ein Futon, aber eine Waschmaschine, 2 Küchenschränke und einer 6er Set Geschirr und Gläser, aber 1 Sorte. Wer Wein bei mir trinken möchte, muss Wein und Gläser mitbringen und insb. die Gläser und den Weinrest hinterher wieder mitnehmen.

    1. Beim letzten Umzug hatten wir auch schon einen Helfer mit „Rücken“. Er hat aber wichtigen seelischen Beistand geleistet und aufgepasst, dass Transportgut und Wände hinterher noch ansehnlich geblieben sind. 7 Kartons finde ich jetzt auch nicht so schlimm, das ist dann auch zack erledigt. Wir hatten vorab ein paar Kartons gehortet und da wir da nur 4-5 Stück hatten, natürlich extrem gut optimiert (Kleidung in Koffer usw.). Am Ende war dann ein Karton halb leer 😄. Wein kann man doch auch mal aus normalen Gläsern trinken (ein echter Kenner würde mir wahrscheinlich widersprechen), da kenn ich nix – wir haben nur zwei Gläser und wenn die an die Gäste verteilt sind, weicht man halt auf was anderes aus. Ich glaub, das sind nicht mal echte Weingläser, die hat mein Mann mal für Whisky bekommen. Dem Wein ist das schnurzpiepegal, der schmeckt trotzdem.

  2. Oh ja … da kenne ich auch einige Umzugstories, liebe Vanessa.

    Nach 2 Umzügen und einer Haushaltsauflösung war ich geheilt.
    Ich versuche möglichst viele der Dinge zu verbrauchen die sich da in den
    vergangen Jahren angesammelt haben. Dazu habe ich mir ein Kaufverbot für
    Bändchen, Papiere, Windlichte und ähnliches auferlegt.

    Den letzten eigenen Umzug haben wir tatsächlich mit einem Umzugsunternehmen gemacht.
    Das würde ich jederzeit wieder machen.
    Gigantisch wie schnell die eingepackt haben. Die Möbel wieder aufgestellt haben.
    Das Schlafzimmer war in einem Tag ausgeräumt, ab- und aufgebaut und wieder eingeräumt.
    Ich musste nur die Kleiderstapel aus den Kisten nehmen und genauso wieder in den Schrank räumen.

    Ich ziehe nur noch mit einem Umzugsunternehmen um.

    Herzliche Grüße
    Jutta

    1. Solange mein Schwager und mein Mann noch den Mucki-Vergleich machen, können sie auch Sofas und Schränke wuchten. Tatsächlich haben alle unsere Umzüge auch nie länger als einen Tag gebraucht. Aber alleine die Vorstellung, das jemand wie ein fleißiges Heinzelmännchen alles ab- und wieder aufbaut, und das im Idealfall ohne Verluste, ist schon nett. Ich bräuchte eigentlich nur jemanden, der das Abkleben beim Streichen übernimmt. Das ist für mich immer die schlimmste Strafarbeit und ich bin froh, dass sich für die neue Wohnung des Schwagers dafür die Schwiegermama angeboten hat. Malern ist dann wieder ok – vor allem, wenn einem als Belohnung Pizza in Aussicht gestellt wird 😁.
      Liebe Grüße
      Vanessa

  3. Ein Hoch auf Umzugsunternehmen. Ich denke auch die wissen am Besten wie es geht, Sind trainiert und wer Rücken hat, arbeitet nicht. Ich bin noch nie richtig umgezogen, nur mit 18 Jahren aus. Das ging aber Ruck zuck, keine Helfer nötig. 🤭
    Interessant zu lesen, was Du da schon skurriles erlebt hast. Ich wünsche Dir einen schönen Abend, ganz liebe Grüße Tina

    1. An den ersten Auszug kann ich mich auch noch gut erinnern. Da war ich schon umzugserprobt, das war quasi ein Klacks. Lustig wird es, wenn jemand beim Packen helfen will und das komplette Geschirr in eine Kiste packt. Wird ein klein bisschen schwer, aber dafür war alles wunderbar nach Kategorien sortiert 😄.
      Liebe Grüße und einen schönen Tag!
      Vanessa

  4. ich bin, seit ich zuhause ausgezogen bin, ca. 30x umgezogen – genau krieg ich´s so auf die schnelle garnicht zusammen….allerdings immer innerhalb berlins, nur eben beim letztenmal nich 😀
    mein zeug hat in eine halbe robbe (kleinlaster einer bekannten berliner autovermietung) gepasst, es war immer alles tippitoppi gepackt wenn die helferlein kamen. und es gab semmeln, kartoffelsalat und würstchen und kalte getränke!
    als umzugshelfer tauge ich mittlerweile garnicht mehr – dabei war ich früher richtig stark…… 🙁
    und da nicht vorhabe, hier nochmal wegzugehen, werde ich mir demnäxt champagnerschalen kaufen – vintage bis antik versteht sich. obwohl ich genug sektgläser habe. aber das löchliwasser schmeckt einfach besser aus schalen.
    prost! xxx

    1. Eine gute Verpflegung ist die halbe Miete und hält alle bei Laune. Man darf dann nur die Kaffeebecher nicht in den nächstbesten Korb packen – also nicht, dass ich sowas gemacht hätte und es taucht ja alles irgendwann wieder auf 😇.
      Mir wurde mal erklärt, dass sich in Champagnerschalen die Blubbeln viel zu schnell verflüchtigen. Aber da kann man ja Abhilfe schaffen, indem man einfach schneller trinkt. Nur nicht zu schwungvoll anstoßen, sonst schwappt einem das edle Gesöff über den flachen Rand 😉 🥂

      1. du – ich bin schon gross und kann unfallfrei aus champagnerschalen trinken….
        und logisch sind die dinger nix um sich stundenlang krampfhaft am glas festzuhalten – rein und hinterschütten und PARTYYYY!!
        ;-D

  5. Bei meinem letzten Umzug hatte ich auch ein Unternehmen beauftragt und das Geld war es wirklich wert gewesen. Es geht viel schneller, es machen Profis und das ist gerade bei den großen Sachen nicht zu unterschätzen.

    1. Tatsächlich wären es echt nur die großen Sachen, die ich in starke Hände geben würde. Ein paar Kisten sind ja schnell verladen. Ich weiß nicht mal, was ein Umzugsunternehmen kostet und hätten wir uns nicht gegenseitig als Helfer, würde ich das auch nutzen. Man will ja am Ende nicht unter Schrank begraben werden 🥴.

  6. Oh ja, dazu fällt mir Einiges ein, zumal ich gleich mit dem Vermieter meiner Schwiegermutter einen Termin für die Vorabnahme der (vollen …) Wohnung habe und wir die Schränke und das Sofa ganz sicher nicht mehr schleppen. Mal sehen, was der Entrümpler dafür haben will. Zum Glück ist das Zimmer im Pflegeheim komplett möbliert. Braucht jemand eine schmale, 9 Jahre alte Waschmaschine in Hamburg-Lohbrügge? Dass die Wohnung am anderen Ende der Stadt liegt, macht es nicht einfacher, das Zeug zu verschenken.

    Ich habe bei vielen Umzüge geholfen und bin zwischen 1991 und 2003 selbst oft umgezogen. Beim schlimmsten waren die Sachen in kleine Körbchen und Schachteln verpackt oder auch nicht und alles musste aus dem 3. Stock mit Altbaudeckenhöhe transportiert werden. Am ekelhaftesten war die dreckige Bettwäsche, die in der neuen Wohnung direkt wieder samt Laken auf das Bett kam. Es gibt Blicke hinter die Fassade, die too much information sind. Über mich haben sich Helfer am meisten aufgeregt, als sie bepflanzte Balkonkästen vom 2. in den 4. Stock umziehen lassen sollten und Farbeimer fürs Haus aus dem Keller der Wohnung ins Haus sollten. Hey, die Farbe war ein paar Wochen vorher im Angebot, als wir den Schlüssel fürs Haus noch nicht hatten. Ich wollte die nicht wochenlang im Auto haben. Das darf ich mir bis heute anhören …

  7. Ich hab‘ mal gesehen, wie jemand bei einem Umzug eine Waschmaschine alleine die Treppe hochgeschleppt hat, weil ich „Rücken“ hatte. Oben angekommen sagte er: „Du kannst den Mund jetzt wieder zumachen, ich mache Freestyle Training, wir benutzen dazu Treckerreifen“. 🙂

  8. Als mein Mann und ich damals zum ersten Mal von der ersten gemeinsamen Wohnung in eine größere gezogen sind, weil wir Nachwuchs erwarteten, fuhr er Wochen lang jeden Tag immer ein bisschen mit dem Auto von der alten zur neuen Wohnung. Am Ende mieteten wir einen Sprinter für die drei großen Möbel, die wir anders nicht rüber bekommen würden, für zwei Stunden und hatten einen Freund, der dabei mit anpackte.
    Als wir von der Wohnung ins Haus zogen, hatten wir ein paar mehr Freunde, aber auch hier hatten wir im Vorfeld schon ganz viel immer versucht rüber zu bringen. Klappt grundsätzlich ganz gut, zieht sich halt aber auch seeeeeeeeeeeeeehr lang. Ich habe Respekt für jeden, der freiwillig mit anpackt.

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